Technik

„Fake News“

Aktuelle Initiativen gegen Falschmeldungen und Hasskommentare im Netz

Von KHK Christian Zwick, Ludwigshafen


Nach dem neuen Produkt-Blog zu Googles Suchmaschine ist ab sofort und weltweit ein sog. „Faktencheck-Label“ verfügbar. Dieses wird jeweils zu Suchergebnissen bzw. News angezeigt, wenn diese vorab mittels eines (automatisieren) Faktenchecks durch Googles Partnerunternehmen überprüft wurden. Dabei sehen die Nutzer um welche Behauptung es sich handelt, wer der Urheber ist und ob eine seriöse Quelle die Information verifiziert hat.1

Facebook wird ebenfalls gegen Falschmeldungen im Internet offensiv. So werden dem User neuerdings auf dessen persönlicher Startseite verschiedene Tipps zum Erkennen von Falschmeldungen angezeigt – beispielsweise „Lies Überschriften kritisch“ oder „Überprüfe die Quelle“. Jeder Tipp wird bei Bedarf in der Hilfefunktion näher erläutert.2 Auch Twitter setzt seit Ende letzten Jahres Algorithmen gegen Hasskommentare und Falschmeldungen ein.3 Deren Zuverlässigkeit ist allerdings umstritten, da eine Maschine nicht ohne weiteres zwischen wahren und unwahren Behauptungen unterscheiden kann.
Die vorgenannten eher technischen Initiativen der großen Telemediendienstanbieter gehen der Bundesregierung jedoch nicht weit genug. Die bisherigen Selbstverpflichtungen der Sozialen Netzwerke führten zwar seit 2015 zu spürbaren Verbesserungen, aber eine Untersuchung des gemeinnützigen Unternehmens „jugendschutz.net“ ergab, dass die tatsächliche Löschpraxis immer noch nicht ausreichend ist.4
So beschloss das Bundeskabinett am 5.4.2017 einen Gesetzesentwurf, der eine Verbesserung der Rechtsdurchsetzung gegenüber den Diensteanbietern von Sozialen Netzwerken anstrebt.5 Der Entwurf sieht vor allem gesetzliche Compliance-Regeln vor, insbesondere eine vierteljährliche Berichtspflicht zum Umgang mit Beschwerden sowie ein wirksames und transparentes Beschwerdemanagement. Die beiden vorgenannten Regelungen betreffen allerdings nur Diensteanbieter die mindestens zwei Millionen Nutzer im Inland haben.
Zudem soll explizit den Opfern selbst – nach zivilgerichtlicher Anordnung – gegenüber den Anbietern ein Auskunftsanspruch zu den Bestandsdaten des Verursachers zustehen. Diese Anforderung wird sogar durch die verbindliche Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten gestärkt. Derjenige wäre ebenfalls für Auskunftsersuchen inländischer Strafverfolgungsbehörden zuständig und somit eine Schnittstelle für Polizei und Staatsanwaltschaft.
Bereits am 4.4.2017 legte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine kritische Haltung dazu ein, und zwar in Form eines Antrags auf einen neuen bzw. optimierten Gesetzesentwurf6. Denn das sog. Maas-Gesetz „sei nicht ausreichend. Das Vorhaben beziehe sich nur auf strafbare Inhalte. Dabei blieben viele Absender mit ihren Formulierungen absichtlich in einem Graubereich.“7
Zudem löste die Forderung nach hohen Bußgeldern – bis zu 50 Millionen Euro – eine massive Kritik seitens (digitaler) Wirtschaftsverbände und Bürgerrechtsorganisationen aus: Man warnt die Öffentlichkeit vor einer Übertragung staatlicher Aufgaben auf die privatwirtschaftlichen Dienstanbieter und der damit einhergehenden „Löschorgie“ bzw. mittelbaren „Internetzensur“. Denn angesichts des Sanktions- bzw. Kostenrisikos werden die Diensteanbieter im Zweifelsfall potentiell strafbare Inhalte schnellstens löschen, auch solche die möglicherweise noch unter dem Schutz der Verfassung stehen. Schließlich kommen zur öffentlichen Diskussion Erklärungen verschiedener Rechtsexperten hinzu, welche den Gesetzesentwurf sogar als verfassungs- bzw. europarechtswidrig einschätzen.8
Ein Gesetzesentwurf wurde schon Ende März der EU-Kommission zur Notifikation vorgelegt.9 Eine dreimonatige Stillhaltefrist ermöglicht nun der Kommission sowie den anderen Mitgliedstaaten den Wortlaut zu prüfen und angemessen zu reagieren; während dieser Frist darf die Bundesrepublik das Gesetzgebungsverfahren nicht abschließen. Kurz vor unserem Redaktionsschluss verbündeten sich noch dazu die Wirtschafts- und Journalistenverbände zu einer „Deklaration für die Meinungsfreiheit“, welche nun unisono die diesbezüglichen Forderungen auf einer eigenen Webseite präsentieren.10 Der weitere Verlauf bleibt zwar spannend, jedoch erscheint zumindest die Umsetzung der derzeitigen Gesetzesfassung aufgrund der breiten Ablehnung und der nahen Bundestagswahl fragwürdig.

Anmerkungen

  1. Vgl. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/netzwirtschaft/label-im-netz-google-setzt-faktencheck-staerker-ein-14962062.html.
  2. Vgl. http://www.klicksafe.de/service/aktuelles/news/detail/facebook-veroeffentlicht-informations-tool-gegen-falschmeldungen.
  3. Vgl. http://www.boerse-online.de/nachrichten/aktien/Twitter-setzt-Algorithmen-gegen-Hasskommentare-und-Fake-News-ein-1001795987.
  4. Vgl. https://www.bmjv.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/09262016_Hasskriminalitaet.html
  5. Vgl.https://netzpolitik.org/wp-upload/2017/03/1703014_NetzwerkDurchsetzungsG.pdf.
  6. Vgl. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/118/1811856.pdf Bundestagsdrucksache 18/11156.
  7. Vgl. https://www.renate-kuenast.de/presse-1/interviews-und-artikel/maas-gesetzentwurf/.
  8. Vgl. https://www.heise.de/tp/features/Juristen-halten-Maas-Gesetz-gegen-Fake-News-und-Hate-Speech-fuer-verfassungs-und-europarechtswidrig-3654324.html oder https://community.beck.de/2017/03/30/netzwerkdurchsetzungsgesetz-europarechtswidrig.
  9. Vgl. http://ec.europa.eu/growth/tools-databases/tris/de/search/?trisaction=search.detail&year=2017&num=127.
  10. Vgl. https://www.heise.de/newsticker/meldung/Netzwerkdurchsetzungsgesetz-Wirtschaft-Buergerrechtler-Netzpolitiker-und-Juristen-verbuenden-sich-3681351.html.