Internetkriminalität

Das Darknet

Rauschgift, Waffen, Falschgeld, Ausweise – das digitale „Kaufhaus“ der Kriminellen?

Von Dr. Sabine Vogt, Wiesbaden1

1 Einführung

… November 2015: Shiny-Flakes, 20-jähriger Rauschgifthändler aus Leipzig verkaufte aus der elterlichen Wohnung Betäubungsmittel im großen Stil über das Internet …
… Januar 2016: Waffenhändler Max Mustermann, 26-jähriger Mechatronik-Student aus Unterfranken, finanzierte sich mit dem illegalen Waffenhandel sein Studium und seine Waffenleidenschaft …
… Juni 2016: 32-jähriger Optiker und Sportschütze aus Heidelberg, Nickname Dosensuppe, verbesserte mit dem gewerbsmäßigen illegalen Waffenhandel seinen Lebensunterhalt …


Schlagzeilen wie diese haben das Darknet in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt.
Der Amoklauf am Münchener Olympia-Einkaufszentrum am 22. Juli 2016, bei dem der 18-jährige Schütze mit einer über das Darknet-Forum „Deutschland im Deep Web“ erworbenen Pistole Glock 17 neun Menschen und dann sich selbst erschoss, hat überdies aufgezeigt, welches Gefahrenpotenzial mit diesem Phänomen verbunden ist.

2 Was ist das Darknet und wo findet es sich?

2.1 Clearnet und Deepweb2

Beim Internet wird zwischen verschiedenen Bereichen unterschieden.
Das Clearnet (auch Visible Web, Surface Web, Open Web u.a.) ist das weitläufig bekannte Internet, welches mit normalen Browserprogrammen (Microsoft Internet Explorer, Microsoft Edge, Mozilla Firefox, Google Chrome etc.) bedienbar und durch Suchmaschinen wie Google, bing etc. einfach und intuitiv zu handhaben ist. Bereits im Clearnet sind vielfältige illegale Inhalte vorhanden. Auf verschiedenen Plattformen werden sowohl Güter als auch Dienstleistungen aus den Bereichen Cybercrime im engeren Sinn3 sowie „klassischen“ Phänomenen wie etwa dem Handel mit Betäubungsmitteln, Waffen, Falschgeld etc. angeboten.
Das Deepweb (auch Hidden Web, Invisible Web) ist jener Teil des Internet, der nicht durch die allgemeinen Suchmaschinen auffindbar ist. Inhalte des Deepweb können beispielsweise Datenbanken, Intranets oder Fachwebseiten sein, die zwar regelmäßig mittels normalen Browserprogrammen erreicht werden können, nicht jedoch in gängigen Suchmaschinen verlinkt und daher hierüber nicht auffindbar sind. Inhalte des Deepweb sind regelmäßig in geschützten Bereichen oder in eigenen Netzwerken abgelegt, so dass seine Inhalte nur mit einer Zugriffsberechtigung aufgerufen werden können. Auch private Teile des sozialen Netzwerks Facebook zählen zum Deepweb.
Weiterhin gibt es Netzwerke, die nur über spezielle Software erreichbar sind und sich durch eine besonders starke Verschlüsselung und/oder Anonymisierung auszeichnen. Das sog. Darknet umfasst Wikis/Blogs mit unterschiedlichen – auch legalen – Zielrichtungen sowie kriminelle/inkriminierte Kommunikations- und Handelsplattformen. Wie in der realen Welt gibt es berechtigte Gründe, warum eine Information wie z.B. die Identität eines Nutzers nicht publik gemacht werden soll. Hierzu zählt beispielsweise der Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit. Kriminelle missbrauchen diese Anonymität zur Begehung von Straftaten. Die Funktionsweise verschiedener Software zur Nutzung des Darknet (z.B. Tor-Browser-Bundle, Invisible Internet Project [I2P], Freenet) bietet dem Anwender eine umfangreiche und leicht zugängliche Anonymität, weshalb das Darknet einen attraktiven Raum für Straftäter darstellt. Sie sorgt für ein hohes Sicherheitsgefühl auf Seiten der Kriminellen.
Im Visible Web sind diverse Hinweise und Informationen zu Plattformen im Darknet zu finden. Beispielsweise gibt die Webseite DeepDotWeb4 eine Übersicht über bekannte Plattformen im Tor-Netzwerk inklusive Angaben zur Online-Zeit, Registrierungsumständen, Kommission, Bewertung, sowie der URL, über die sie zu erreichen sind.
Einen bedeutenden Teil des Darknet machen die Darknet-Markets aus, also kriminelle Marktplätze, bei denen inkriminierte Güter anonym gehandelt werden. Diese decken die Bedürfnisse der „Erlangungskriminalität“ (Betäubungsmittel, Waffen, Arzneimittel, Falschgeld, Kinderpornografie, gefälschte Dokumente etc.) ab und bieten zunehmend unter dem Schlagwort „Crime-as-a-Service“ kriminelle Dienstleistungen und Software an.

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