Kriminalität

Glückwunsch an Botswana!

Korruption weltweit kaum bezähmbar – in Deutschland zuletzt wieder Anstieg um 190% …

Von Norbert J. Breuer

Am preußischen Hofe waren Bestechung und Bestechlichkeit – eigener wie auch ausländischer Minister – lange Jahre dermaßen gebräuchlich, daß wohl selbst die Ex-Blatter-FIFA unserer Tage erblassen würde.
Als „Sittenverderbnis“ geißelte dann aber schon der antike BROCKHAUS von 1904 die „Korruption“. Den Straftatbestand der „Bestechung“ kannte das Lexikon indes nur in Sachen des Beamtentums.

Auf Jene, die als Bestochene oder Bestechende ertappt wurden, wartete damals schon eine furchteinflößende Strafpalette: von 1.500 Reichsmark (umgerechnet heute etwa 15.000 €) bis Zuchthaus.
Im deutschen Geschäftsleben hingegen sah es unbewölkt aus: noch bis Ende 1998 – Sie lesen richtig! – konnte man Schmiergelder frohgemut von der Steuer absetzen Denn bis dahin hatten deutsche Firmen in praxi weder steuer- noch strafrechtliche Auswirkungen einer Schmiergeldzahlung zu fürchten. Man möchte fast meinen, Nachkriegsdeutschland habe dem Treiben lange mit einem gewissen Wohlwollen zugeschaut, da dadurch gerade auch aus dem Ausland satte Aufträge an Land gezogen werden konnten.
Manchen Konzernen ging denn auch die diametrale Wende hin zu ethischem Handeln etwas zu flott. Industriepötte wie SIEMENS, VW, MAN und DAIMLER rissen die neue Hürde spektakulär. Zumal Ethik zum Jahrtausendwechsel wirtschaftsuniversitär so wenig Raum einnahm wie Heimatkunde in der heutigen Grundschule.

Norbert J. Breuer ist freiberuflicher Fachmann für Exportmarketing und Interkulturelles Management.
Er arbeitete lange Jahre als Exportmanager in der Industrie und für öffentliche Wirtschaftsförderungen im In- und Ausland. Seit 20 Jahren ist er als selbständiger internationaler Managementberater tätig und führt mittelständische Unternehmen in Auslandsmärkte, vornehmlich in den französischen. Sein Spezialgebiet ist der Personal- und Vertriebspartnerbereich.
Daneben ist er als Seminar- und Hochschuldozent sowie als Buchautor tätig. www.breuer-exportmarketing.de


Aufgeschreckt ließen unsere Wirtschaftskapitäne sogleich allerorten sog. Compliance-Abteilungen, die Gesetzes- und Vorschriftentreue pingelig überwachen sollten, aus dem Boden stampfen. Es wurden Posten mit so illustren Funktionsbezeichnungen wie Compliance Officer und Crime Risk Controller aus dem Boden gestampft – Kriminalitätsrisikokontrolleur hätte wohl auch zu altbacken geklungen.
DAIMLER jedenfalls durchlief binnen drei Jahren eine atemberaubende Metamorphose: 2010 wurden noch Schmiergeldverfahren in den USA gegen eine Strafzahlung von 185 Millionen Dollar eingestellt. Die Stuttgarter bekannten sich in einem Vergleich nämlich der Bestechung von Regierungsbeamten schuldig. In mindestens 22 Staaten, z. B. in Turkmenistan und Indonesien, in Rußland, China, Griechenland, der Türkei oder Ägypten, sollen, um lukrative Staatsaufaufträge hereinzuholen, Luxuslimousinen und Briefumschläge voller Banknoten diskret an Zeitgenossen der Gattung „Nieder mit der Korruption – aber ich will meinen Anteil!“ überreicht worden sein.
Doch nur drei Jahre später schon lobte der ehemalige FBI-Chief Louis Freeh – im Auftrag von US-Gericht und US-Börsenaufsicht SEC externer Aufseher des Autobauers – „DAIMLER habe sich für viele Unternehmen zum Vorbild in Sachen Integrität gewandelt“. Das Unternehmen „habe beim Thema Compliance und Integrität Gold-Standard erreicht und sei inzwischen gar zum Vorbild für viele US-Unternehmen gereift“, verriet er der Süddeutschen Zeitung. „Man habe eine nachhaltige Compliance-Kultur geschaffen“.

Im Grunde funktioniert Korruption recht simpel: Das bekannte deutsche Sprichwort „Wer gut schmiert, der gut fährt“ gibt bereits einen ersten Hinweis auf deren Nützlichkeit. Daß man in solchen Fällen jedoch besondere Vorsicht walten lassen sollte, wird mit „Man darf alles tun, man darf sich nur nicht erwischen lassen“ dargetan. Doch gemach: Die Gefahrenschwelle erwischt zu werden, liegt eher niedrig, allenfalls bei verbissenen Buchhalternaturen etwas darüber.
Die Praktikabilität liegt dagegen hoch: denn es gibt meist zwei Täter, sie tragen zu ihrem gegenseitigen Verderben bei, agieren paradoxerweise aber zum beiderseitigen Vorteil. Den Nachteil hat eine meist gesichtslose Menge: Staaten, Gesellschaften, Organisationen, Unternehmen, vor allem der unbekannte Bürger. Zu den nachteiligen Auswirkungen der Korruption zählen die Wettbewerbsverzerrung, nach oben driftende Marktpreise, der Rückzug seriöser Unternehmen, die sich mangels Aussicht gar nicht erst um Aufträge bewerben, oder daß minderwertige Produkte zum Einsatz kommen: man stelle sich nur die bösen Folgen in den Bereichen Medizin, Nahrungsmittel, Luftfahrt und Bau vor.
Meist beginnen Bestechungshandlungen ganz im Kleinen, der Klient wird „angefüttert“. Eine Flasche Wein, ein üppiges Dinner, später erfreut ein netter Segelkurs in Saint-Tropez. Und irgendwann ist Schluß mit der Possierlichkeit, ist selbst durch reuige Umkehr kein strafloser Abgang mehr möglich. Noch schlimmer: man ist erpreßbar geworden und sieht womöglich keinen Ausweg mehr.

Inwieweit nun der deutsche Gesetzgeber mit nachfolgender, verquerer Steuervorschrift für „Geschenke unter Geschäftspartnern“ den Anfängen der Korruption vorbeugen möchte oder sich bloß einmal mehr als vom ehemals großzügigen deutschen Adler zum kleinlich-peinlichen Habicht im Hühnerstall gewandelt zeigen möchte, sei zu bewerten dem Leser selbst überlassen. Der Förderung guter Manieren leistet er jedenfalls einen Bärendienst und Peinlichkeiten Vorschub. Nehmen wir die Lupe:

  • Absetzen dürfen Sie den Kaufpreis für Präsente nur mehr dann, falls er bei weniger als 35 Euro pro beschenkter Person und Kalenderjahr liegt. Sobald der Preis diese Grenze überschreitet, können Sie den Betrag nicht mehr als Betriebsausgabe absetzen – nicht einmal jenen Teil unter 35 Euro.
  • Der Beschenkte indes muß das Geschenk obendrein wie eine Einnahme behandeln, den Wert buchen und versteuern – wie peinlich für alle Beteiligten! Wer seinen Geschäftspartner nun nicht durch diese erzwungene Ausgabe verärgern will, kann das Präsent vorab pauschal mit dreißig Prozent des Kaufpreises versteuern – Solidaritätszuschlag und evtl. Kirchensteuer kommen noch dazu. Diese Pauschalsteuer können Sie jedoch als Betriebsausgabe ansetzen, wenn die Geschenke weniger als 35 Euro kosten. Der Beschenkte muß für das Präsent diesenfalls keine Steuern mehr zahlen.
  • Am besten weisen Sie Ihren Geschäftsfreund also darauf hin, daß Sie das Geschenk bereits versteuert haben, damit er die Steuer nicht auch noch zahlt. Ja, laut Einkommensteuergesetz sind Sie sogar verpflichtet, Ihrem Geschäftsfreund dies mitzuteilen. Am besten also schreiben Sie ihm gesetzeskonform: “Wir danken Ihnen herzlich für die angenehme Zusammenarbeit im abgelaufenen Jahr und wünschen Ihnen, im Zusammenklang mit § 37b EStG des bundesdeutschen Einkommensteuergesetzes, Frohe Weihnachten!“
Seite: 12weiter >>