Kriminaltechnik und -Wissenschaft

Kontaminationbei der Spurenarbeit

– Police Elimination Datenbank

Problemstellung

Ungewolltes Setzen von Trugspuren bzw. Kontaminationen von Tatortspuren durch Exekutivbeamte, die an Tatorten Zutritt haben oder mit der eigentlichen Spurenarbeit beschäftigt sind, sowie mögliche Kontaminationen von Mitarbeitern, die etwa in den kriminaltechnischen Labors an der Aufarbeitung der Spuren arbeiten, ist eine an sich gut bekannte mögliche Fehlerquelle zur Generierung falscher Ermittlungsansätze.

Mag. Dr. Reinhard Schmid
Bundesministerium für Inneres
Bundeskriminalamt Wien

In einigen Bereichen wird diesem Phänomen auch gebührende Beachtung geschenkt. Es wäre etwa undenkbar, dass Personen, die im Laborprozess eines seriösen DNA Labors arbeiten, nicht in einer Ausscheidungsdatenbank erfasst sind. Dadurch sind mögliche Kontaminationen und damit Fehlbeurteilungen sofort zu erkennen und mit Sicherheit ausscheidbar. Obwohl im eigentlichen Laborbereich mit extrem hohen Qualitätssicherungsmaßnahmen wie Überdrucklabors, umfangreicher Schutzbekleidung, Trennung der Arbeitsprozesse, ständiger Wechsel der Schutzkleidung usw. gearbeitet wird, ist nach Erfahrungswerten unstrittig, dass selbst durch derartige Sicherungsmaßnahmen eine ungewollte Kontamination mit den heutigen sensitiven Untersuchungsmethoden nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Solche möglichen Kontamination spielen in diesem Bereich durch den laufenden Abgleich der DNA Profile der Labormitarbeiter gegen alle neuen DNA Spurenanalyseergebnisse keine Rolle.
In einem anderen Bereich, in dem eine solche Kontamination durch die vorgegebenen Umwelt- und Arbeitsbedingungen nachweislich wesentlich einfacher verursacht werden kann bzw. oft sogar als unvermeidlich zu betrachten ist, wird aber einer solchen Ausscheidung möglicher Trugspuren kaum Beachtung geschenkt.
Es ist dies der Bereich der Polizeiarbeit an Tatorten und bei Arbeiten in den polizeilichen Spurenauswertungsabläufen. Polizeibeamte, beginnend bei den ersteintreffenden Funkstreifenbeamten über die Ermittlungsbeamten, die am Tatort regelmäßig Eigensicherungs-, Gefahrenabwehr- oder Rettungsmaßnahmen einleiten, Absperrungen veranlassen oder auch erste Einvernahmen und Befragungen unmittelbar am Tatort noch vor erfolgter Spurensicherung beginnen, bis hin zu den Spurensicherungsbeamten und nachfolgend den Mitarbeitern, die mit der Spurenübernahme, Dokumentation und Asservierungsarbeiten betraut sind, werden in kaum einem europäischem Staat systematisch in biometrischen Ausscheidungsdatenbanken erfasst.
Selbst die Mitarbeiter der polizeilichen kriminaltechnischen Labors, welche oftmals Spurenträger und unterschiedliche
Spurenarten, wie etwa Fingerabdrücke, Fasern, Waffen, Dokumente oder dergleichen mitunter auch im Vorfeld von DNA Analysen, bearbeiten, werden kaum erfasst. Das überrascht, da gerade bei diesen Mitarbeitern durch ihr Fachwissen auch ein besonders hohes Verständnis für Qualitätssicherungsmaßnahmen zu erwarten wäre.
Es tritt somit laufend der Fall ein, das Spuren gesichert und danach auch in den entsprechenden Datenbanken als vermeintliche Tatortspuren gespeichert und verarbeitet werden, die in Wirklichkeit keine Täterspuren sind, sondern schlicht durch oftmals kaum vermeidbare Kontamination von den eingesetzten Beamten gesetzte Trugspuren sind.

Rechtsgrundlagen

In Österreich wurde die Erfassung der Beamten bereits seit langer Zeit in rechtlich/technischer Vorbereitung geplant und mit der Sicherheitspolizeigesetznovelle 2003 ausdrückliche gesetzliche Grundlagen zur dauerhaften Speicherung in den §§ 65 Abs. 2 und § 67 Abs. 1 letzter Satz in Verbindung mit § 70 Abs. 4 des Sicherheitspolizeigesetzes BGBL 566/1991 in der geltenden Fassung für diese Zielgruppe geschaffen.
Die erkennungsdienstliche Behandlung inklusive Abnahme und Erstellung von DNA Profilen und deren Datenverarbeitung in Datenbanken von verdächtigen Straftätern, aber beispielsweise auch anderen relevanten Personengruppen wie etwa Hochrisikovermissten oder unbekannten Leichen, ist in Österreich im Sicherheitspolizeigesetz geregelt.
In Österreich ist daher auch die Erstellung und Speicherung eines DNA Profils sehr ähnlich der Erlangung und Verarbeitung sonstigen erkennungsdienstlichen Materials geregelt und eine polizeiliche erkennungsdienstliche Maßnahme, welche der richtigen Identifizierung von Personen, möglicher Straftatenklärung über Spurenvergleiche und der zukünftigen Gefahrenabwehr dient. Es sind daher in diesem Bereich keine Verfügungen von Staatsanwaltschaften oder Gerichten vorgesehen und bestehen für die entsprechenden Rechtsmittel spezielle Rechtsmittelverfahren, die nicht in die klassische Justizschiene laufen, sondern je nach Maßnahme bzw. Art des Rechtseingriffes entweder zu den unabhängigen Verwaltungssenaten oder auch bis zum Verwaltungsgerichtshof geführt werden können.
Neben den bereits angeführten Zwecken für biometrische Erfassungen gibt es aber auch spezielle und notwendige andere Zielrichtungen, welche die Erfassung und Verarbeitung von erkennungsdienstlichen Daten – meist mit ganz besonderen sehr zielgerichteten Verarbeitungseinschränkungen und anderen Löschungsregelungen – vorsehen. So ist etwa auch die Erfassung von biometrischen Daten sogenannter „Gelegenheitspersonen„ oder „Zutrittsberechtigter Personen„ zum Zweck der Ausscheidung von Trugspuren im Sicherheitspolizeigesetz geregelt.
Eine Erfassung zu Ausscheidungszwecken von „Gelegenheitspersonen„, wie etwa Opfern oder auch anderen Personen, die rechtmäßigerweise an Tatorten daktyloskopische oder biologische Spuren gesetzt haben könnten, ist im österreichischen Sicherheitspolizeigesetz bereits seit dem Jahr 1999 ausdrücklich – auch mit entsprechender Mitwirkungsverpflichtung der Betroffenen – vorgesehen.
Diese Bestimmung ist jedoch für den Anwendungsbereich von Organen der Sicherheitsbehörden nicht umfangreich genug. Die grundsätzliche Erfassungsmöglichkeit und Mitwirkungsverpflichtung von Gelegenheitspersonen zielt nur auf die Ausscheidung von Spuren einer jeweiligen konkreten Straftat, bei welcher diese Gelegenheitspersonen Spuren gesetzt haben könnten. Dies bedeutet, dass die biometrischen Daten solcher Gelegenheitspersonen in Österreich nur gezielt gegen Tatortspuren verglichen werden, welche von einem bestimmten Tatort stammen, zu welchem diese Person zutrittsberechtigt ist oder war. Es erfolgt daher in Österreich niemals ein Abgleich solcher Daten gegen die Daten von Straftätern oder Spurendaten von anderen Tatorten. Selbstverständlich werden diese Daten auch niemals für internationale Abgleiche bereitgestellt. Diese Daten werden auch nicht dauerhaft gespeichert, sondern nur solange es die Zweckerfüllung erfordert.
Eine solche Einschränkungen ist für Opfer oder Gelegenheitspersonen, die einmalig, oder in sehr seltenen Ausnahmefällen an verschiedenen Tatorten zutrittsberechtigt sind, auch völlig ausreichend, da hier ein Vergleich mit den Daten dieses Personenkreises zu den jeweiligen Spurendaten leicht möglich ist, und bei tatsächlicher Zuordnung einer solchen Trugspur sowohl die betreffende Spur als auch die Vergleichsdaten wieder vernichtet werden können.
Für Exekutivbeamte ist aber ein solcher Anwendungsumfang nicht praktikabel und zufriedenstellend. Im Gegensatz zu Opfern, Gelegenheitspersonen oder auch anderen Einsatzkräften, wie Rettungs- oder Feuerwehreinheiten, haben Exekutivbeamte, welche vorwiegend in der Kriminalitätsbekämpfung arbeiten, faktisch täglich Zugang zu Tatorten oder Kontaktmöglichkeiten mit Spurenträgern. Es ist somit aus praktischen Gesichtspunkten, und wie auch die bisherigen Erfahrungen empirisch belegen, völlig unmöglich, hier immer nur einen Vergleich zu jeweiligen Tatortspuren durchzuführen.
Das mitunter vorgebrachte Argument, dass solche Spurensetzungen durch qualitativ gute Tatortarbeit vermieden werden können, oder bei Vermutung, dass eine solche Trugspur gesetzt wurde, ja ein Einzelvergleich gemacht werden kann, ist nachweislich falsch. Wäre dies tatsächlich der Fall, würde es keine einzige Trugspur in den bestehenden Datenbanken geben, da diese konkreten Abgleiche in Einzelfällen bisher auch schon gemacht wurden. Es ist aber erwiesenermaßen falsch, dass keine Trugspuren in den Datenbanken gespeichert sind.
Asservierte Spuren werden mitunter oft auch jahrelang nach Sicherung ausgewertet, Spurenträger werden auch an andere Behörden und Dienststellen zur Weiterbearbeitung geschickt und Beamte wechseln laufend ihr Aufgaben- oder Einsatzgebiet. Zudem sichern die Beamten guten Gewissens immer nur Spuren, von welchen sie annehmen, dass sie tat- und vor allem täterrelevant sind. Wäre dies nicht der Fall, würde eine solche Spur wegen Sinnlosigkeit auch niemals gesichert werden. Trugspuren sind daher in diesem Bereich definitiv nicht als vermutete Einzelspurenprüfungen zu erkennen und auszuscheiden. Abgesehen von diesem Umstand wäre es natürlich auch aus Kostensicht und aus administrativer Sicht unmöglich, etwa jeden zweiten Tag zu unterschiedlichen Tatorten DNA Vergleichsanalysen durchzuführen, und die Daten nach einem solchen Vergleich wieder zu vernichten.
Es ist daher unbedingt erforderlich diese Beamten für die Dauer ihrer beruflichen Tätigkeit in einer zentralen Ausscheidungsdatenbank zu speichern. Nur so kann auch gesichert werden, dass eine lückenlose Ausscheidung solcher Spuren gewährleistet werden kann, und nicht ihre persönlichen biometrischen Daten in nationalen Datenbanken und mittlerweile durch die bestehenden biometrischen Datenverbundsystem und internationale Zusammenarbeit europaweit oder auch weltweit als vermeintliche Spurendaten abgeglichen werden.
Mit der Neuerrichtung der Erkennungsdienstlichen Datenbank und des Erkennungsdienstlichen Workflows in Österreich im Jahr 2005 wurde vom österreichischen Bundeskriminalamt diesem Umstand Rechnung getragen, und nach der vorherigen Schaffung von speziellen Rechtsgrundlagen auch ein entsprechendes Datenbankmodell, welches den Erfordernissen gerecht wird, geplant und die datenschutzrechtliche Abklärung des zulässigen Datenumfanges durchgeführt. In der folgenden technischen Datenbankentwicklung und Umsetzung wurden die ergangenen Empfehlungen der Datenschutzexperten für die Errichtung einer solchen Datenbank berücksichtigt.Bis zum Jahr 2008 wurden aber Beamte nur sehr vereinzelt in dieser Datenbank erfasst. Zumeist war dies der Fall, wenn professionelle Tatortbeamte darum ersucht haben oder auf Grund von Ungereimtheiten in der Spurenlage schon ein dringender Verdacht bestand, dass hier eine kontaminierte Spur vorliegen könnte. Viele Beamte der Tatortgruppen hatten bereits vor Bestehen dieser Datenbank die Gerichtsmedizinischen Institute Salzburg und Innsbruck, welche in Österreich im Auftrag des Innenministeriums DNA Analysen durchführen, darum ersucht ihre DNA Profile in deren Laborausscheidungsdatenbanken zu erfassen, um im Vorfeld der Spurenprofilübermittlung in die Datenbanken des Innenministeriums ihre eigenen Daten zu Ausscheidungszwecken im Labor abgleichen zu können. Bereits hier wurden hohe Trefferzahlen erzielt, wegen der Dezentralisierung und Unsystematik dieser Vorgangsweise, sowie des Umstandes, dass daktyloskopische Daten gar nicht berücksichtigt waren, war jedoch kein gänzlicher Ausschluss von Kontaminationen möglich. Abgesehen von diesen Umständen ist eine Verarbeitung solcher Daten außerhalb des Behördenbereiches ohne klar definierte Vorgaben rechtlich immer problematisch, selbst wenn sie über ausdrücklichen Wunsch der Betroffenen erfolgt, da beispielsweise keine Vorgaben über Löschungen bestehen.
Mit Kenntnis der Kontamination im sogenannten „UWP (unbekannte weibliche Person) oder auch „Phantom Fall„, welcher nach DNA-Spur-Spurtreffern Serienmorde in Deutschland und auch Einbruchsdiebstähle sowohl in Deutschland, Österreich und Frankreich vermuten ließen, war zumindest dem Bundeskriminalamt Wien klar, dass mit sporadischen Erfassungen nicht das Auslangen zu finden ist, und die Gefahr, dass falsche Ermittlungsmaßnahmen durch Trugspuren ausgelöst werden könnten, auch im Interesse der betroffenen Beamten nicht länger zu verantworten war.
Es wurde daher vom Bundeskriminalamt eine möglichst flächendeckende Erfassung aller Exekutivorgane, die regelmäßig an Tatorten Zutritt haben oder mit Spuren arbeiten (z.B. Ersteinschreiter, Ermittler, Spurensicherer, Amtsärzte, Polizeijuristen, Spurenbearbeiter in den Kriminalpolizeilichen Untersuchungsstellen oder im Bundeskriminalamt), angedacht und entsprechende Umsetzungsmaßnahmen eingeleitet.
Im UWP Fall trat ein bis zu diesem Zeitpunkt wirklich als ausgeschlossen gehaltener Kontaminationsfall ein. Es kam nämlich zu Spurenkontamination durch Sicherungsstäbchen, die von den Erzeugerfirmen nicht nur als steril, sondern mit Qualitätszertifikaten ausdrücklich auch als garantiert „DNA frei„ vertrieben wurden. Obwohl in dieser später erkannten Wattestäbchenkontamination bis zu diesem Zeitpunkt auch von Wissenschaftlern eine Kontamination ausgeschlossen wurde, kam es aber durch die Sensibilität heutiger Auswertungsanalysen und die Fehler in der Produktion der Sicherungsstäbchen zu einer solchen Kontamination, welche in Deutschland tausende von Ermittlungsstunden hunderter Beamter und enorme Kosten zur Folge hatte. Dieser Umstand führte nicht nur zu mehreren parlamentarischen Anfragen sowohl in Österreich als auch in Deutschland, sondern in Baden Württemberg auch zu politischen Rücktrittsforderungen. In diesem Sicherungsmaterialbereich mit qualitativ hochwertigem Material war aber durch die Unkenntnis solcher Kontaminationsmöglichkeiten wohl keinem Ermittlungsbeamten oder politisch Verantwortlichen jemals ein Vorwurf zu machen, zumal diese Möglichkeit auch in den Ermittlungen bedacht wurden, aber Erstprüfungen durch den Vertrieb dieser gleichen Stäbchen unter unterschiedlichen Vertriebsbezeichnungen und Vertriebsschienen keine Gemeinsamkeit erkennen ließen.
Hingegen ist aber im Bereich der Kontaminationsmöglichkeit durch Beamte eine ungleich höhere Kontaminationsgefahr allen mit der Materie vertrauten Personen und Verantwortungsträgern seit langem bekannt und evident. Im Gegensatz zum UWP Fall wäre daher aus Sicht des Bundeskriminalamtes Wien bei grundsätzlich nicht auszuschließenden vergleichbaren zukünftigen Szenarien, ausgelöst durch eine ungewollte Serienkontamination eines Exekutivbeamten bei der Arbeit, eine solche Verantwortlichkeit der jeweiligen Entscheidungsträger wohl kaum zu verleugnen.
Eine Erfassung zu Ausscheidungszwecken in einer Police Elimination Datenbank ist aus Gründen der Qualitätssicherung, Gründen der Datenrichtigkeit, als Basis für richtige Entscheidungen bei kriminalpolizeilichen Folgeermittlungen sowie auch zum Eigenschutz der betroffenen Exekutivorgane daher aus fachlicher Sicht zwingend erforderlich, da dieser Betroffenenkreis durch seine Arbeit jederzeit ungewollt biologische Spuren oder daktyloskopische Spuren an diesen Tatorten hinterlassen kann, und nachweislich in sehr hohem Ausmaß auch tatsächlich hinterlassen.
Mit heutigen Sicherungs- und Auswertungstechniken ist es jedenfalls unmöglich, eine ungewollte Setzung solcher Spuren im Rahmen der Ermittlungen, Spurensicherungen oder Spurenweiterbearbeitung auszuschließen.

Festgestellte Kontaminationen und ausgesuchte
Kontaminationsfälle


In einem Pilotprojekt wurden in Österreich beginnend im Jahr 2009 Exekutivbeamte, hauptsächlich des Bundeskriminalamtes und der Landeskriminalämter, welche als hochprofessionelle Kriminalbeamte mit hohem Bewusstsein zur Vermeidung eigener Spuren auf Tatorten zu betrachten sind, erfasst.
Mit Anfang Dezember 2010 waren in dieser Datenbank 254 Beamte erfasst, mit mit Einstellung der Daten wurden zahlreiche Treffer auf alte Trugspuren erzielt, welche bis zu diesem Zeitpunkt laufend national und auch international als vermeintlich tatrelevante Spuren abgeglichen wurden.
Insgesamt wurde bis Dezember 2010 festgestellt, dass von diesen 254 Beamten 49 Beamte 97 DNA Spurenprofile an 94 Tatorten hinterlassen haben. Dies bedeutet einen DNA Kontaminationsgrad von 19,3% der Beamten. Weiters haben 30 der erfassten Beamten an 45 Tatorten ihre eigenen daktyloskopischen Daten ungewollt hinterlassen, welche dann als vermeintliche Spuren gesichert und in den Spurendatenbanken verarbeitet wurden. Dies bedeutet einen daktyloskopischen Kontaminationsgrad von 11,8% der erfassten Beamten.
Insgesamt haben daher 79 der erfassten 254 Beamten bei 139 unterschiedlichen Tatorten mindestens eine oder auch mehrere Spuren gesetzt, die danach als Tatortspuren qualifiziert wurden. Dies bedeutet einen Kontaminationsgrad von 31,1% der erfassten Beamten. Einzelne Beamte haben an bis zu 14 unterschiedlichen Tatorten ihre daktyloskopischen und/oder biologischen Spuren ungewollt hinterlassen.
Die in diesem Umfang doch überraschenden Trefferzahlen von rund einem Drittel aller Beamten, die an Tatorten Zutritt haben, bedeuten aber natürlich nicht, dass ein Drittel aller vorhandenen Spuren in den Datenbanken von Exekutivbeamten stammen, sondern dass ca. ein Drittel der erfassten Beamten zumindest eine Trugspur gesetzt hat. Manche der Beamten haben in ihrer beruflichen Tätigkeit bereits hunderte von Tatorten betreten und dort gearbeitet, weshalb diese Zahlen im Verhältnis zu den Sicherungszahlen auch wiederum als relativ gering angesehen werden könnten.
Ein weiterer Umstand, welcher in der UWP Diskussion nach Bekanntwerden der Kontaminationen, in der Öffentlichkeit mitunter unsachlich geführt wurde, sollte auch entsprechend deutlich klargestellt werden. Durch eine solche Kontamination kann es niemals zur Verurteilung eines Unschuldigen kommen. Unzweifelhaft besteht aber eine extrem hohe Gefahr, dass bei Kontaminationen durch Exekutivbeamte die laufend an Tatorten sind und die dadurch natürlich auch entsprechende umfangreiche Spur-, Spurtrefferkomplexe wie im „UWP„ Fall erzeugen können, falsche Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet und falsche Schlussfolgerungen gezogen werden. Zudem sollte es im ureigensten Interesse der Beamten sein, dass ihre eigenen Daten nicht als vermeintliche Spurendaten in den Datenanwendungen Verwendung finden und so zu diesen falschen Ansätzen beitragen könnten.
Jedenfalls wurden all diese vermeintlichen Tatortspuren bislang sowohl national und durch die bestehenden internationalen Prüm AFIS und DNA Verbundsysteme und im Interpol DNA Verbund, in welchen Österreich alle offenen Spuren speichert, auch innerhalb Europas und darüber hinaus weltweit laufend systematisch abgeglichen und führten diese Abgleiche im Falle von Treffern auch zu falschen Ermittlungsansätzen.
Als Beispiel eines solchen falschen Ermittlungsansatzes mit wesentlichen Auswirkungen darf auf Ermittlungen nach einem Brandanschlag auf ein Polizeifahrzeug in Niederösterreich verwiesen werden. Nach diesem Brandanschlag mit Molotowcocktail durch unbekannten Täter wurde unmittelbar am Tatort eine frische Zigarettenkippe gesichert. Nachdem nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die Einsatzkräfte der Feuerwehr geraucht hatten, wurden diese erfasst und zur Spur verglichen, dieser Vergleich verlief jedoch negativ. Die Spur wurde daraufhin als täterrelevant qualifiziert und mit negativem Abgleichsergebnis in die DNA Datenbank eingestellt.
Durch klassische Ermittlungen und Nutzung technischer Ermittlungswerkzeuge gelang es einen Tatverdächtigen auszuforschen, der bei der polizeilichen Einvernahme auch ein Geständnis ablegte. In der späteren Hauptverhandlung widerrief dieser Tatverdächtige, beraten von seinem Anwalt, dieses Geständnis aber wieder, zu welchem er nach seinen Angaben durch den psychischen Druck der Polizeibeamten genötigt worden war und es wurde ein Freispruch im Zweifel gefällt. Nicht unmaßgeblich für den Freispruch war der Umstand, dass die als täterrelevant beurteilte Tatortspur nicht diesem Verdächtigen zugeordnet werden konnte, und so die Möglichkeit im Raum stand, dass eine andere Person diese Brandstiftung verursacht haben könnte. Einer der Beamten, welche bei dieser Straftat als Ersteinschreiter Absperrmaßnahmen durchgeführt hatte und die Feuerwehr bei den Löscharbeiten unterstützte, wurde ein Jahr später in das Landeskriminalamt versetzt, Dort wurden für die Erfassung in der Police Elimination Datei seine biometrischen Daten erhoben und verarbeitet. Nach Einstellung seines DNA Profils konnte ein Treffer auf die sichergestellte Zigarette des Brandtatortes erzielt werden. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass der richtige Täter durch den falschen aber entlastenden Ermittlungsansatz in Form eines vorhandenen DNA Spurenprofils freigesprochen wurde.Generell kann gesagt werden, dass eine sehr hohe Kontaminationsgefahr gerade bei sehr schweren Delikten festgestellt wurde. Bei solchen Delikten werden im Gegensatz zu minder schweren Delikten, bei welchen in der Regel wenige, dafür aber eindeutig täterrelevante und meist auch qualitativ gute Spuren gesichert werden, in wesentlich größerem Umfang Spuren gesichert um nur jede denkbare Chance auf Klärung solcher Straftaten zu nutzen. In Österreich werden nach ungeklärten Morden im Schnitt rund 80 biologische Spurenträger gesichert. Natürlich sind darunter auch zahlreiche Kontaktspuren oder Spurenlagen, bei denen nur Vermutungen bestehen, dass der Täter biologisches Material hinterlassen haben könnte. Bei großen Tatorten und schweren Delikten kommt noch hinzu, dass oft eine Vielzahl von Beamten anwesend ist. Erste Eigensicherungs- und Rettungsmaßnahmen haben immer Priorität und so werden in der Hektik oft ungewollt und unbemerkt daktyloskopische Spuren oder auch biologische Spuren durch die Ersteinschreiter gesetzt. Diese Spurensetzungen können nachfolgend nicht einmal mehr die betroffenen Beamten selbst erklären, da sie der Meinung sind, dort sicher nicht gewesen zu sein oder diesen Gegenstand sicher nicht angegriffen zu haben. Diese festgestellten Umstände sind keine Vermutungen, sondern dokumentierte Erfahrungswerte nach dem österreichischen Pilotprojekt.
In einer Aktion des Bundeskriminalamtes Wien im Jahr 2005/2007 zur Aufklärung von Altmordfällen, bei welchen noch biologisches oder daktyloskopisches Spurenmaterial vorhanden war, wurden insgesamt 51 ungeklärte Mordfälle, bearbeitet.
Es wurden vorhandene Spuren oder Spurenträger nochmals mit modernsten Methoden aufbereitet, neu analysiert und in den AFIS und DNA Datenbanken verarbeitet und danach international versandt und in internationalen Datenverbundsystemen abgeglichen.
Neben den sehr erfolgreichen Ergebnissen dieser Aktion – bis jetzt konnten bereits drei dieser alten Morde geklärt und die Täter nach AFIS oder DNA Treffern identifiziert werden, bzw. gibt es noch zu weiteren Morden konkrete neue Ermittlungsansätze – gab es auch in Richtung Kontamination erstaunliche Erkenntnisse. Nach genauer Prüfung dieser 51 Fälle verblieben nur 45 offene Mordfälle, bei welchen die Spuren mit höchster Wahrscheinlichkeit vom Täter stammen dürften. Bei sechs Fällen konnten nach genauer Spurenprüfung die Spuren bereits Gelegenheitspersonen zugeordnet werden, wovon in drei Fällen diese Spuren von eingesetzten Exekutivbeamten stammten.
In einem Fall war die einzig vorhandene Fingerabdruckspur von einem Polizeibeamten der vor 20 Jahren am Tatort gearbeitet hatte. Dieser wurde im Zuge des Pilotprojektes routinemäßig erfasst und ergab sich nach AFIS Abgleich ein Treffer auf diese Spur.
Eine weitere Kontamination eines Polizeibeamten auf einer Mordwaffe führte sogar zu umfassenden und völlig unnötigen internationalen Ermittlungen. Nach einem Mord aus dem Jahr 1994 konnte 11 Jahre später ein DNA Profil auf der Pistole, mit welcher eine Frau in Oberösterreich erschossen wurde, analysiert werden. Diese Waffe wurde erst 2005 als illegale Waffe sichergestellt. Zu diesem Mordfall waren aber die beiden Täter bereits ausgeforscht und auch verurteilt worden, das auf der Tatwaffe gesicherte DNA Profil stammte von keinem dieser beiden Täter. Ein Jahr später wurde nach nationalem DNA Treffer das idente DNA Profil im Zuge einer Spurensicherung nach einem Kfz Einbruch an einem ca. 200 km entfernten Tatort in Wien erkannt. Als mit Jahresende 2006 mit Deutschland erstmals der systematische Prüm DNA Datenabgleich begonnen wurde haben diese beiden österreichischen DNA Spurenprofile schließlich einen DNA Treffer zu einem bewaffneten Raubüberfall auf Geldtransporter in Deutschland ergeben. Wegen der Schwere der Straftaten wurden umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet. In den Akten wurde versucht allfällige bisherige weitere Ermittlungsansätze oder Gemeinsamkeiten zur Klärung der Straftaten zu finden.
Nach Sichtung der gesamten Akten im Hinblick auf allfällige Gemeinsamkeiten zu diesen Straftaten wurde festgestellt, dass ein und derselbe Beamte die Tatwaffe in Wien sichergestellt hatte, die Sicherstellung des beim Raubüberfall in Deutschland verwendeten Fluchtfahrzeuges in Wien und im Fall des Autoeinbruches in Wien die Spurensicherung durchführte. Die Spurensicherung an der weitergeleiteten Waffe und am Fluchtfahrzeug selbst wurde bei gänzlich anderen Sicherheitsdienstellen in Oberösterreich bzw. in Deutschland durchgeführt, jedoch wurde hier bereits das zuvor durch Kontamination hinterlassene Zellmaterial des Sicherstellungsbeamten gefunden und als Täterspur qualifiziert. Nach Erfassung dieses Beamten und Auswertung seines DNA Profils war klar, dass diese vermeintlichen Zusammenhänge auf eine ungewollte Spurenträgerkontamination durch den Beamten zurückzuführen waren.
Nach nunmehriger Speicherung des Beamten in der Police Elimination Datenbank wurde ein weiterer DNA Treffer auf diesen Beamten erzielt, nachdem er an einem weiteren Tatort gearbeitet hatte. Solche Treffer können aber nunmehr niemals Relevanz entwickeln, da ein sofortiges Erkennen und Ausscheiden möglich ist.
Bei einem anderen Fall – einem Sexualmord aus dem Jahr 1992 zu welchem bis dato nicht einmal das Opfer identifiziert werden konnte – stammte eine von zwei DNA Spuren von einem Spurensicherungsbeamten, der 2009 die Abriebe am Spurenträger durchgeführt hatte. Diese Spuren wurden erst im Sommer 2009 an einer Folie, in welche die Leiche eingewickelt war, gesichert. Obwohl der Tatortbeamte einer hochspezialisierten Tatortgruppe mit vollem Schutzanzug diese Abriebe durchgeführt hatte, gelangte auch sein eigenes biologisches Material in winzigem Ausmaß auf diese Folie und wurde von ihm selbst gesichert. Mit den heutigen sensiblen Analysemethoden führte dieses geringe Zellmaterial zu einem vollwertigen DNA Profil.
Eine weitere bei dieser Straftat gesicherte DNA Spur stammte aber zweifelsfrei vom Täter und wurde mit dieser Spur zwischenzeitlich auch bereits im Prümer Datenverbund ein Spur- Spurtreffer zu einem neuen Einbruchsdiebstahl in der Datenbank eines angeschlossenen Prümstaates erzielt. Hier gibt es nun ganz wesentliche neue Ermittlungsansätze, die möglicherweise die Straftat klären, und somit wohl auch das seit zwei Jahrzehnten unbekannte Opfer identifizieren könnten.
Dass diese Kontaminationen bzw. ungewollten Spurensetzungen von Polizeibeamten überhaupt erkannt wurden, ist mit Ausnahme des Falles – Mord in Österreich / Raub in Deutschland – bei welchem die Zusammenhänge eher zufällig durch die wiederkehrenden Unterschriften des gleichen Beamten auf Sicherstellungsprotokollen erkannt wurden, darauf zurückzuführen, dass in Österreich bereits mit der systematischen Erfassung von Exekutivbeamten, welche an Tatorten ungewollt Spuren setzen können, begonnen wurde.
Ein Vorwurf sollte in diesem Zusammenhang niemals in den Raum gestellt werden, da dieser absolut falsch wäre. Nämlich, dass mögliche Kontaminationen auf Schlampigkeit oder fahrlässiges Tatortverhalten von Beamten zurückzuführen sei. Wer die Situation an Tatorten und nach Straftaten kennt, weiß, dass solche Kontaminationen nicht vermeidbar sind. Es ist einem Beamten nicht vorzuwerfen, wenn er an einem Tatort, an welchem sich vielleicht noch Täter befinden, oder Rettungsmaßnahmen erforderlich sind, und die Beamten somit höchster physischer und psychischer Belastung ausgesetzt sind, nicht mehr in allen Einzelheiten weiß er hingegriffen hat, sich genau bewegt oder was was er in welcher Situation getan hat. Im eigentlichen Spurensicherungsprozess selbst sind zusätzlich noch eine Unmenge von Kontaminationsmöglichkeiten gegeben, die eine völlige Vermeidung oft unmöglich machen. Wer solche Vorwürfe erhebt, war entweder noch nie auf einem Tatort oder hat zumindest noch nie wirkliche polizeiliche Spurensicherungsarbeit an einem solchen Ort geleistet.

Einbindung der Personalvertretung

Im weiteren Umsetzungsprozess erfolgte wegen der Sensibilität der Beamtenerfassung, welche zwar von professionellen Tatortbeamten und Ermittlern als unabdingbar gesehen wird, aber von weniger mit der Materie befassten Beamten durchaus als bedrohliche hoheitliche Datenerfassung gesehen werden könnte, in Österreich eine starke Einbindung der Personalvertretung. Eine solche wäre zwar aus Gründen der österreichischen Rechtslage nicht zwingend erforderlich gewesen, da es eine ausdrückliche Ermächtigung auf Gesetzesebene für diese Datenanwendung gibt, war aber immer angestrebt und ist zweifelsfrei auch notwendig und sinnvoll.
Die meisten Staaten welche – vorerst meist zaghaft – mit der Erfassung von Polizeibeamten und der Errichtung solcher Ausscheidungsdatenbanken beginnen, haben aber nicht wie Österreich eine eigenständige Rechtsgrundlage auf Gesetzesbasis, sondern gründen solche Erfassungen auf allgemeine Dienstpflichten. Dies ist sicherlich auch ein gangbarer Weg, welcher für eine erfolgreiche Umsetzung wohl immer auch eine hohe Akzeptanz der Betroffenen und der Personalvertretungsorgane bedingt. Diese Akzeptanz ist aber mitunter durch Fehlinformationen nicht immer gegeben. Generell kann gesagt werden, dass die Skepsis umso größer ist, je weniger Wissen und Kenntnis über die tatsächlichen Gefahren und Wahrscheinlichkeiten solcher Kontaminationen und auch über die genauen Rahmenbedingungen der Verarbeitung bestehen.
In Österreich wurde daher von Beginn der systematischen Umsetzungsplanung zu Jahresbeginn 2009 an, eine umfassende Information der Personalvertretungsorgane durchgeführt um solche naturgemäß bestehenden Wissenslücken zu schließen. Parallel dazu gab und gibt es Informationsveranstaltungen zur Thematik, etwa für die Führungsebene der Landeskriminalämter und Behördenleiter, welche nachfolgend für die Weitergabe von Informationen und Schulungen in den Bundesländern verantwortlich sind. In nationalen Fachzeitschriften wurden zusätzliche Informationen zu diesem Thema veröffentlicht.
Die anfänglich grundsätzlich sehr skeptische Einstellung der Personalvertretungsorgane hat sich nach ausführlicher Erläuterung der Notwendigkeit rasch geändert und wurde die Maßnahme, wenn auch als sensibel eingestuft, dennoch auch im Interesse der betroffenen Kollegenschaft als notwendig erachtet.Die Personalvertretungsorgane brachten im folgenden Diskussionsprozess mehrere fachlich sehr sinnvolle Forderungen ein, die in vollem Umfang in der weiteren Umsetzungsplanung und der technischen Entwicklung der Datenbank berücksichtigt wurden.
In Schlagworten können diese PV Forderungen folgendermaßen zusammengefasst werden:

  • Starke Einschränkung des Personenkreise, der Zugriffsmöglichkeiten auf die Daten auf die Daten hat
  • Größtmögliche Anonymisierung der Daten in den Trefferverständigungen und keinesfalls Meldung der Treffer an die unmittelbaren Dienstvorgesetzten, welche eine Stigmatisierung der spurensetzenden Beamten als „schlampige„ Beamte zur Folge haben könnte
  • Gleichbehandlung aller Beamten und Erfassung nach dienstlicher Notwendigkeit (keine Sonderbehandlung oder regional unterschiedliche Behandlung von Beamten, die aus persönlichen Gründen nicht erfasst werden wollen, obwohl dies sachlich erforderlich ist)
  • Gesicherte Gewährleistung der Löschung wenn die Daten nicht mehr benötigt werden (z.B. Pensionierung) mit anschließender persönlicher Verständigung des Beamten
  • Persönliche Verständigung des unmittelbaren betroffenen Beamten im Falle einer zugeordneten Spur, damit dieser von seiner ‚Spurensetzung und auch der erfolgten Löschung seiner „Spur„ in Kenntnis ist
  • Löschanträge sollten sowohl dem Beamten selbst möglich sein, jedoch soll auch die Dienstbehörde (Personalführende Stelle) zusätzlich geeignete amtswegige Löschungsschritte einplanen, um zu vermeiden, dass die Daten gespeichert bleiben selbst wenn der Beamte auf eine Löschung keinen Wert legt.

Fortsetzung folgt.