Internationaler Terrorismus

Sicherheitspolitische Reaktion der USA auf den 11. September – Die „Bush-Ära“

Für viele Beobachter ist der 11. September 2001 ein tiefer Einschnitt in die sicherheitspolitische Lage weltweit. Jedoch markiert dieser Tag keineswegs eine weltpolitische Zeitenwende, denn die Ereignisse des 11. September und ihre mediale Inszenierung spiegelten auf brutalster Ebene die tatsächliche Komplexität der Sicherheitspolitik wieder. Der Terrorismus als eine Herausforderung für die innere Sicherheit von Nationalstaaten wurde als Strategie auch vor dem 11. September in vielen Konflikten weltweit eingesetzt und verantwortete in den jeweiligen Ländern hunderttausende Tote, Verletzte und Flüchtlinge. Ein Novum war, dass Millionen von Menschen die Attentate miterlebt haben und die Schicksale der Opfer stundenlang verfolgten.

Dr. Marwan Abou-Taam,
Mainz

Sicherheitspolitischer Paradigmenwechsel - Veränderte Welt, neue Konzepte

Im Falle der USA konnten ein Netzwerk gleichgesinnter Terroristen, die sich auf der Basis einer religiösen Ideologie organisierten, mit den einfachsten Mitteln, durch die Instrumentalisierung ziviler Flugzeuge, mehrere tausend zivile Opfer und Milliarden Schäden für die Weltwirtschaft verursachen. Dabei wurde die einzig verbliebene Supermacht in ihrem Zentrum angegriffen. Die Zerstörungskraft und die Schadenshöhe führten uns die große Intensität asymmetrischer Kriegsführung vor Augen und manifestierten das sicherheitspolitische Dilemma, in dem sich Staaten befinden. Die Anschläge machten deutlich, dass der genannte „Low Intensity Warfare„ eben nicht minder gefährlich ist. Die Reaktion war dem entsprechend: bereits am 12. September 2001 verurteilten die Generalversammlung und der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Terroranschläge. Die Resolution 1368 wurde einstimmig verabschiedet, die den Terrorismus als Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit beschreibt. Ferner verpflichtet die Resolution alle Staaten zur Bekämpfung des Terrorismus. Auch die NATO reagierte prompt. Sie zog ebenfalls Konsequenzen aus den Terroranschlägen und rief erstmalig den Bündnisfall aus. Diese Tatsache spiegelt die Erkenntnis wieder, dass die nationale und internationale Sicherheit nun direkt vom international agierenden Terrorismus gefährdet werden. Was wiederum dazu führte, dass der Terrorismus nun verstärkt auf die sicherheitspolitische Agenda gekommen ist und das sicherheitspolitische Denken nachhaltig beeinflusst. Überall reagierten Regierungen mit Gesetzesänderungen, die ihrerseits erheblichen Einfluss auf die jeweiligen Sicherheitssektoren haben.
So hat die amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik einen neuen Wendepunkt erfahren. Der Krieg gegen den Terrorismus wurde zur Leitlinie amerikanischer Sicherheitspolitik definiert. Dafür wurden die Mittel, mit denen die US-Regierung der Gefahr von Anschlägen begegnet, entscheidend geändert, so dass ein Wandel von einer reaktiven Bedrohungs- zu einer proaktiven Risikopolitik stattgefunden hat. Die neuen Strategien gab Präsident Bush am 20.9.2002 in der National Security Strategy (NSS) vor der Weltöffentlichkeit bekannt. In diesem Papier lässt sich ein deutlicher Paradigmenwechsel in der USA-Sicherheitspolitik erkennen; die USA fühlen sich nicht mehr durch Flotten und Armeen bedroht, sondern durch erbitterte Terroristen, gegen die das Land verteidigt werden muss. Präsident Bush wertete die Anschläge als Kriegsakte und macht deutlich dass die alten Verteidigungsstrategien von Abschreckung und Eindämmung nicht mehr ausreichen, um die Sicherheit der USA zu garantieren, denn nur durch aktives Handeln würde dies geschehen.1 Die USA rechtfertigen diesen Schritt, indem sie herausstellen, dass der neue Feind mit neuen Mitteln bekämpft werden müsse, denn „[D]ifferent circumstances require different methods.„2 Neben den präemtiven sowie den präventiven Elementen betont die NSS die Notwendigkeit einer überlegenen militärischen Supermachtrolle der Vereinigten Staaten von Amerika. Die amerikanischen Streitkräfte sollen stets so stark sein, dass es jedem anderen Staat unmöglich bleibt, in militärischer Hinsicht mit den USA gleichzuziehen oder sie gar zu überholen. Damit betont die nationale Sicherheitsdoktrin die Rolle der Militärs bei der Durchsetzung der nationalen Sicherheit der USA. Sie zeigt deutlich den Versuch der USA, sich der veränderten weltpolitischen Lage anzupassen.
Die globale Reichweite, der offene Zeithorizont, die Mischung von nichtstaatlichen und staatlichen Zielen sowie die konsequente Freund-Feind-Kategorisierung sind die wichtigsten Bestandteile jener Doktrin. Hierbei gilt es, gegen die Bedrohung durch Terroristen vorzugehen, bevor diese selbst zuschlagen, denn wie Bush betont hat, „[W]e cannot let our enemies strike first“3 Die USA berechtigen sich selbst zu unilateralem Handeln und rechtfertigen mögliche Angriffe auf Staaten. Denn in der NSS wird der Terrorismus in seiner globalen Erscheinung als von der Unterstützung Dritter, den sog. Schurkenstaaten, abhängig gesehen. Erklärtes Ziel der Regierung ist, insgesamt die eigene Handlungsfreiheit herzustellen. In diesem Rahmen wurden unmittelbar nach dem 11. September 2001 der Patriot Act I4 und eine Verschärfung desselben im Jahre 2003 - der Patriot Act II - verabschiedet. Diese wurden jedoch zeitlich begrenzt. US-Präsident Barack Obama musste im Februar 2010 das amerikanische Antiterrorgesetz verlängern, nachdem der US-Senat und das Abgeordnetenhaus für die Verlängerung des Patriot Act gestimmt haben. Neben den Republikanern war ein beträchtlicher Teil der Demokraten für die Verlängerung. Dadurch haben die Justizbehörden größeren Spielraum bei der Terrorbekämpfung. Hier ist die Regierung auf mehreren Ebenen vorgegangen:

  • Neuorganisation des exekutiven Apparats
  • Veränderungen beim Militär, die einen verstärkten Einsatz im Landesinneren für die Zukunft wahrscheinlicher machen.
  • Verschärfungen im Migrationsrecht
  • Erweiterung der Befugnisse von Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten

Neue Fronten – Neue Institutionen

Fortan verläuft die Front überall im In- und im Ausland, was dazu führt, dass die Homeland-Defense einen hohen Stellenwert bekommt. Hierfür wurde eigens eine Behörde geschaffen und das FBI umorganisiert. Die schon unter Clinton geschaffene Struktur wurde übernommen: Gefahren aus dem Ausland werden vom State Department erfasst, und Gefahren aus dem Inland vom FBI bekämpft; mit dem Katastrophenschutz wurde die Federal Emergency Management Agency FEMA betraut. Die Implementierung des Department of Homeland Security5 dient der Prävention, Ermittlung und Schadensbegrenzung von Terroranschlägen sowie der Entwicklung einer Strategie zur Zivilverteidigung. Ferner soll hier die Arbeit der involvierten Ministerien und Behörden im Kontext des Aufbaus der Zivilverteidigung koordiniert werden. Diese Institution wurde direkt im Weißen Haus angesiedelt. Sie berät und berichtet den Präsidenten in Fragen der nationalen Sicherheit und ist dem direkten Zugriff durch den Kongress weitgehend entzogen. Durch die Schaffung einer großen übergeordneten Institution sollen die knapp 50 mit Homeland Security befassten Bundeseinrichtungen, die derzeit noch in den verschiedenen Ministerien angesiedelt sind, unter einem Dach vereinst werden. Der Behörde kommt die Aufgabe zu, eine Gesamtstrategie zur Terrorismusbekämpfung in den USA zu entwickeln und die Ebenen der Exekutive bundesstaatlich, einzelstaatlich und lokal zu koordinieren. Auch ist sie ein Umschlagplatz für Informationen der verschiedenen Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste. Dafür hat das Department of Homeland Security 22 Agencies mit ca. 180.000 Mitarbeiter und wird mit einem jährlichen Budget von etwa US$ 37,5 Mrd. ausgestattet sein.6 Um die Vereinheitlichung und Vereinfachung der Einschätzung der Sicherheitslage herbeizuführen, entwickelte die Behörde das Homeland Security Advisory System. Dadurch will man eine Grundlage erreichen, womit alle Beteiligten in einem gemeinsamen Kontext mit Hilfe gleicher Strukturen und mit identischem Vokabular eine Bedrohungsanalyse erstellen und angemessene Maßnahmen formulieren können. Das fünfstufige System soll also Gesetzgebern auf nationaler, lokaler sowie auf der Bundesebene Informationen über die Art und Intensität der jeweiligen Bedrohung liefern, damit diese sachgerecht reagieren können.

Die Migrationspolitik als sicherheitspolitische Größe

Die US-amerikanische Sicherheitspolitik definiert scheinbar ebenfalls die Migration als eine potentielle Gefahrenquelle für die nationale Sicherheit. In diesem Kontext muss man die Verschärfung der Sicherheitsvorgaben an den Grenzen und Flughäfen interpretieren. So wurde die Regelung eingeführt, dass für alle Einreisende ab dem 30. September 2004 die neuen Einreisebestimmungen, nach denen Fingerabdrücke und Digitalfotos verlangt werden, gelten. Zusätzlich wird die Aufnahme biometrischer Merkmale in die Reisepässe der USA-Besucher verlangt. Die Anzahl des Sicherheitspersonals an Flughäfen wurde erhöht, wobei nun nicht mehr Privatunternehmen dort zuständig sind, sondern vom Staat geschulte und angestellte Kräfte. Zudem wurde zur Sicherung des Flugverkehrs die Anzahl der Federal Air Marshals erhöht und Federal Security Directors ernannt. Diese sind direkt verantwortlich für die Sicherheit der Flughäfen.
Die lokalen und bundesstaatlichen Polizeibehörden wurden berechtigt, im Fall der Verletzung des Einwanderungsrechtes, illegale Einwanderer zu verfolgen und festzunehmen. Dies war lediglich der Einwanderungsbehörde (Immigration and Naturalization Service, INS) vorbehalten. Letztere wird aufgelöst. An ihrer Stelle entstehen zwei neue Behörden, die genau wie die INS dem Justizministerium zugeordnet sind, wobei dort der Posten eines stellvertretenden Justizministers für Einwanderungsangelegenheiten (Associate Attorney General for Immigration Affairs) mit Zuständigkeit für beide Behörden eingerichtet wurde. Das Bureau of Immigration Enforcement ist für polizeiliche Aufgaben in den Bereichen Grenzschutz und -kontrolle sowie für die Verfolgung und Festnahme illegaler Einwanderer zuständig, während das Bureau of Immigration Services and Adjudications die Bearbeitung von Visa-Angelegenheiten sowie von Einbürgerungs- und Asylanträgen übernimmt. Die Sicherheitspolitischen Maßnahmen greifen auch im Bereich der Standardisierung von Führerscheinen und der Einführung eines Ausweises mit einem Computerchip, der biometrische Angaben für alle US-Bürger aufweisen soll.

Neue Instrumente für FBI und CIA

Auch die CIA und das FBI wurden im Rahmen der Neugestaltung der Sicherheitspolitik umstrukturiert und mit weiteren Kompetenzen versehen. Die Verflechtung von innerer und äußerer Sicherheit wird in den USA anhand der Verknüpfung des Federal Bureau of Investigation, also die Behörde für innere Sicherheit und der Central Intelligence Agency, die äußere Bedrohungen analysiert, und ihre Unterstellung unter dem Terrorist Threat Coordination Center zusammen mit einer Reihe anderer Bundesdienste wahrnehmbar.Mehrere hundert Beamte wurden im Rahmen der Transformation des FBI zur einer counter-terrorism agency der Abteilung Terrorismusbekämpfung zugeteilt. Das criminal standard-Kriterium wurde aufgeweicht, so dass Agenten größere Freiheiten haben, wenn es darum geht, religiöse Einrichtungen zu überwachen oder Internetseiten mit religiösem Inhalt zu überprüfen, ohne das Vorliegen konkreter Hinweise auf eine Straftat vorliegen. Hierbei wurden die Möglichkeiten des FBI Abhörmaßnahmen anzuordnen erweitert. Field Agents dürfen eigenständig Ermittlungen einleiten, ohne die ausdrückliche Zustimmung der Zentrale einzuholen. Der Patriot Act setzt unter anderem Datenschutzbestimmungen außer Kraft. Während vorher vom FBI Verbindungsdaten zu Kunden von ISPs und Telekommunikationsanbietern, die auch Adressen besuchter Websites, E-Mail Adressen und E-Mail Subjects beinhalten, Bankkontendaten, Kreditkartenabrechnungen und -bewegungen, Rechnungen bzw. Kundendaten von Firmen nur in Form von schriftlichen National Security Letters (NLS) angefordert werden durften, und dies nur wenn das FBI den dringenden und durch Fakten belegten Verdacht gegen eine Person äußern konnten, ermöglicht das Gesetz nun, dass jeder Spezialagent eines lokalen FBI Büros diese NLS ausstellen kann, ohne Begründung und Dokumentation eines Verdachts und ohne richterliche Aufsicht. Es reicht aus, wenn der FBI Agent Anzeichen einer möglichen Spionage- oder Terroraktivität erkennen kann. Das FBI wurde auch befugt, seine internationalen Kapazitäten auszubauen und Verbindungsoffiziere in andere Länder zu entsenden. 400 neue Analystenstellen wurden geschaffen, so dass heute mehr als ein Viertel der gesamten personellen Ressourcen im Bereich Terrorabwehr tätig sind.
Die CIA soll nun aktiv gegen Terroristen im Ausland vorgehen. Dafür bekam die Agentur die Aufgabe, Informationsbeschaffung durch menschliche Quellen auszubauen und ein neues Agentenprofil zu entwickeln, das der Bedrohung würdig ist. Das Counter-Terrorist Center hat verstärkt Agenten im Ausland angeworben und die Anzahl seiner Spione um mehr als 70 % gesteigert. Auch das Directorate of Operations hat die Anzahl seiner Agenten erheblich erhöht. Gleichzeitig wurde der Operationsradius auf mehr als 80 Länder, in denen covert actions gegen potentielle Terroristen stattfinden, erweitert.7 Die institutionellen Schranken, die bisher den Informationsaustausch zwischen den Ermittlungsbehörden und Geheimdiensten begrenzten, wurden überwiegend aufgeweicht. FBI und CIA wurden verpflichtet, sämtliche Intelligence-Berichte zum Thema Terrorismus dem Department of Homeland Security zu übermitteln und diese mit der niedrigst möglichen Geheimhaltungsstufe zu versehen, um eine ausreichende Zirkulation in der Behörde zu erlauben. Auch sollen raw intelligence mit Genehmigung des Präsidenten von Fall zu Fall weitergeleitet werden. Somit weitet der USA Patriot Act I8 die Befugnisse der Geheimdienste und Ermittlungsbehörden im In- und Ausland aus. Er reduziert gleichzeitig die Macht der Gerichte gegenüber dem Justizminister. So ist für festgenommene Ausländer, die der Beteiligung am Terrorismus verdächtigt werden, die Habeas-Corpus-Regel außer Kraft gesetzt. Sie könn en ohne konkrete Beweise und ohne richterliche Entscheidungen bis zu einem halben Jahr im Gefängnis festgehalten werden, wenn der Justizminister bescheinigt, dass sie eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen. Die Neuerungen des USA PATRIOT Act ermöglichen zudem sowohl der Bundespolizei FBI wie dem Auslandsgeheimdienst CIA die Wohnung eines US-Bürgers heimlich zu durchsuchen und dabei gefundenes Beweismaterial zu benutzen, um ihn als Enemy Combatant zu deklarieren.9 Auch wurden die Möglichkeiten der Strafverfolgung in den USA erweitert, Einschränkung von Überwachungsmaßnahmen außer Kraft gesetzt und eine DNA-Datenbank für mutmaßliche Terroristen und Sympathisanten aufgebaut. Mit der Detention, Treatment, and Trial of Certain Non-Citizens in the War against Terrorism ermöglichte Präsident Bush, des Terrorismus verdächtigte Personen auf unbegrenzte Zeit festzuhalten und sie innerhalb wie außerhalb der Vereinigten Staaten von Militärtribunalen aburteilen zu lassen. Dazu kommt, dass dem Außenminister Secretary of State die gerichtlich nicht überprüfbare Befugnis zugeteilt wird, terroristische Vereinigungen zu definieren.10
Die Kommission zur Untersuchung der Terroranschläge vom 11. September 2001 forderte im Abschlussbericht die Einsetzung eines Geheimdienstdirektors mit Kabinettsrang. Dies impliziert die Umgestaltung der US-Geheimdienste, denn er soll die Arbeit der 15 Geheimdienste der USA überwachen, ihre Haushalte kontrollieren und sie koordinieren. Der Geheimdienst CIA, die Bundespolizei FBI, aber auch das Pentagon und der Nationale Sicherheitsrat verlieren dadurch an Kompetenzen. Tatsächlich wurde im Februar 2005 John Negroponte zum ersten Nationalen Geheimdienstkoordinator ernannt. Dieser hat nach Präsident Bush folgende Aufgabe: „John wird dafür sorgen, dass diejenigen, deren Pflicht es ist, Amerika zu verteidigen, die nötigen Informationen haben, um richtige Entscheidungen zu treffen.„11 Seine faktische Aufgabe ist es, die extrem mächtigen und meist aneinander vorbeiarbeitenden Aufklärungsdienste miteinander zu verzahnen, gemäß der Empfehlungen der Untersuchungskommission, die in ihrem Bericht festgestellt hat, dass die Attentate vom 11. September durchaus hätten verhindert werden können, wenn die Geheimdienste nur besser zusammengearbeitet und ihre Erkenntnisse ausgetauscht hätten. Bush sicherte Negroponte die Budgethoheit für alle Geheimdienste zu und betonte: „The Director of the CIA will report to John„12, was die Stellung des Geheimdienstkoordinators zusätzlich unterstreicht. Hinzu kommt, dass ihm die Funktion innehat, neue Aufgabenbereiche für die Geheimdienste zu definieren, den Informationsfluss zwischen den einzelnen Agenturen zu sichern, und Standards für die Rekrutierung und Ausbildung von Agenten zu bestimmen. Von der Konzentration dieser Aufgaben in einer Person versprach sich die Bush-Administration mehr Effizienz und schnellere Reaktionsmöglichkeiten auf potenzielle Gefahren.13

Folgen für die Militärs

Des Weiteren werden Ansätze diskutiert, die dem Militär erlauben, intensiv bei der Gewährleistung der inneren Sicherheit im Inland mitzuwirken. Geleitet von der Erkenntnis, dass sich die Trennung von Innen und Außen auch für das Militär nicht mehr aufrechterhalten lässt, wurde das Joint Forces Command mit Komponenten zum Einsatz im Landesinneren ausgerüstet. Die Joint Task Force Six14 befasst sich seither mit Drogenbekämpfung, während die Joint Task Force Civil Support15 sich der Terrorismusabwehr und der Reaktion auf Angriffe mit Massenvernichtungswaffen widmet. Im Jahre 2002 wurde das U.S. Northern Command (NORTHCOM) aufgestellt. Das ist wohl die signifikanteste strukturelle Veränderung des US-Militärs nach dem Zweiten Weltkrieg. Das NORTHCOM wird vorrangig bei der Verteidigung von Wasser, Land und Luftraum des Heimatlandes zum Einsatz kommen. Nun unterhält das US-Militär neben den vier regionalen war-fighting commands (für Europa/Afrika, den Mittleren Osten/Südasien, Mittel- und Südamerika sowie den pazifischen Raum/Asien) eine Kommandostruktur, die sich auf die innere Sicherheit erstreckt. Zu seinen Kompetenzen zählen auch die Koordination und die Abstimmung in Fragen der Sicherheit mit Kanada und Mexiko.16 Grundlage dieser Veränderungen ist der Patriot Act in seiner verschärften Form, denn das Gesetz weitet die Anwendung des Begriffs der fremden Macht (foreign power) auf alle Terrorismusverdächtigen aus und gibt der Bundesregierung die Möglichkeit das Kriegsrecht innerhalb der USA anzuwenden, auch ohne dass der Kongress den Kriegszustand festgestellt hat.
Anhand der Entwicklung in den USA wird deutlich, dass eine grundsätzliche Diskussion über die Bedeutung von Sicherheit und die Fähigkeit von Staaten, Sicherheit für die Bürger im Rahmen demokratischer Normen zu organisieren, unabdingbar für die Fortentwicklung des demokratischen Prozesses westlicher Staaten ist. Hierfür ist notwendig, sich im Kontext der Auflösung der traditionellen Grenzen zwischen innere und äußere Sicherheit, mit den Gefährdungen an ihren Entstehungsorten im jeweiligen gesellschaftspolitischen Umfeld auseinanderzusetzen. Dabei schein es, dass wir es zunehmend mit einer verheerenden Diffusion von Konflikten konfrontiert sein werden, die wir nur bewältigen können, wenn wir tatsächlich ausreichend Handlungswissen besitzen, um eine Nachhaltigkeit im Sinne einer gesellschaftlichen Stabilisierung zu produzieren.

1
National Security Strategie (NSS) veröffentlicht im Internet: www.whitehouse.gov/nsc/nss.html.
2
National Security Strategie (NSS), Seite 15.
3 Ebd.
4
Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act of 2001. USA PATRIOT Act, Public Law 107-56. As cleared by the Congress and signed by the President on October 26, 2001
5
President to Propose Department of Homeland Security, 6.6.2002, http://www.whitehouse.gov/news/releases/2002/06/20020606.html 
6 Improving Homeland Security, http://www.whitehouse.gov/homeland/
7 About the CIA; www.cia.gov/cia/information/info.html
8
Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism
9
Vgl. Mayer, Margit/Greven, Thomas: Die USA nach dem 11. September: The War at Home. In: Prokla 31 (Heft 125, Dezember) Nr. 4, S. 541-555.
10 USA PATRIOT Act.
11
The White House. President Holds Press Conference http://www.whitehouse.gov/news/releases/2005/02/20050217-2.html.
12 Ebd.
13 Ebd.
14
Joint Task Force Six, http://www.jtf6.northcom.mil/subpages/mission.html
15 
Joint Task Force Civil Support,
http://www.jtfcs.northcom.mil/pages/operationalfocus.html
16 Homeland Defense: FACT SHEET, U.S. Northern Command: www.northcom. mil/index.cfm?fuseaction=s.who_factsheet_northcom.