Kriminaltechnik und -Wissenschaft

Die Kriminaltechnik im LKA Rheinland-Pfalz

GdP-Kripo-Forum Kriminaltechnik am 24. Oktober 2006

– Aktueller Stand und Perspektiven –

1. Gesamtschau
In der Abteilung Kriminalwissenschaft und –technik (KT) des LKA Rheinland-Pfalz sind 6 Fachdezernate und eine Kriminaltechnische Servicestelle eingerichtet, die jährlich ca. 16.000 Untersuchungsanträge der Polizeidienststellen vom Diebstahl bis zum Tötungsdelikt bearbeiten. Mit ihrer derzeitigen Ausstattung und ihrem an der Dringlichkeit der Untersuchungsanträge im Ermittlungsverfahren ausgerichteten Konzept der Fallbearbeitung leistet die KT des LKA einen bedeutenden Beitrag zur Straftatenaufklärung des Landes.
Die Entwicklung in den vergangenen Jahren hat indes dazu geführt, dass die einzelnen Dezernate der Abteilung heute in unterschiedlichem Umfang zu ihrer spezifischen Auftragserledigung in der Lage sind. Während die optimale Ausstattung der DNA-Analytik in RP – insbesondere auch in personeller Hinsicht – die Voraussetzung dafür bot, dass RP einen Spitzenplatz im Ländervergleich erreichen konnte, sind die Leistungsspektren der übrigen Dezernate, u.a. der Chemie, im Vergleich zu anderen LKÄ z.T. eingeschränkt.

Dr. Hartmut Klein, Biologiedirektor, LKA Rheinland-Pfalz

Wegen dieser divergierenden Entwicklungen in der KT wird derzeit der aktuelle Stand der Abteilung KT bewertet. Die hieraus resultierenden erforderlichen Rahmenbedingungen für eine alle kriminaltechnischen Kernbereiche umfassende KT werden dem Ministerium des Innern und für Sport (ISM) im Rahmen eines „Konzeptes KT 2015„ für die Zeit bis 2015 dargestellt.
Eine feste Größe bei der auf der Grundlage des v.g. Konzeptes zu erstellenden zukünftigen Haushalte stellt das Qualitätsmanagement dar, da die Kriminaltechniken der Länder jeweils ein umfassendes Qualitätsmanagement-System, das sich an der Norm DIN EN ISO/IEC 17025 orientiert, aufbauen werden.
Nachdem das Kriminaltechnische Institut des BKA bereits am 8.3.2006 durch die Deutsche Akkreditierungssystem Prüfwesen GmbH (DAP) akkreditiert wurde und die ersten LKÄ (Berlin, Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen) vor der Akkreditierung stehen, kann sich auch das LKA RP dieser Entwicklung nicht entziehen. So besteht z.B. bereits in BW die justizielle Vorgabe, dass ab 2007 Btm-Untersuchungen in Körperflüssigkeiten nur noch in akkreditierten Instituten durchgeführt werden dürfen.
Den Erfordernissen, die sich hieraus zusätzlich für die Anzahl und Gestaltung der Labor- und Büroräume ergeben, trägt ein vom LKA RP erarbeitetes und vom ISM genehmigtes umfassendes Raumkonzept zur Erweiterung der KT Rechnung. Von entscheidender Bedeutung ist daneben die vom ISM beschlossene Einführung des Dokumentenmanagement-
Systems DOMEA in der KT des LKA RP. Mit einer Schnittstelle zum polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem POLADIS gewährleistet DOMEA eine lückenlose Nachvollziehbarkeit und Protokollierung der einzelnen Schritte der KT-Sachbearbeitung sowie eine dem Stand der Technik entsprechende Qualitätssicherung und wird voraussichtlich gegen Ende 2007 in den Wirkbetrieb gehen.
Darüber hinaus liegen dem Konzept KT 2015 folgende grundsätzliche Anforderungen zu Grunde:
Die Vielzahl der unterschiedlichen Spurenarten und -komplexe erfordert eine fachübergreifende, kompetente Kriminaltechnik, in der alle regelmäßig auftretenden kriminaltechnischen Fragestellungen interdisziplinär, qualitativ und quantitativ innerhalb ermittlungsrelevanter Zeiten abschließend bearbeitet werden können. Ein Splitten des Untersuchungsmaterials auf mehrere Kriminaltechniken würde neben einem erhöhten Risiko der Beschädigung von Untersuchungsmaterial zu nicht vertretbaren Qualitäts- und Zeitverlusten in der Bearbeitung führen und die Gefahr eines Scheiterns von Straftatenaufklärungen und Täterermittlungen mit sich bringen.
Institutionalisierte Kooperationsformen sind nur bei wenigen, speziellen Untersuchungen denkbar, wie zum Beispiel in Fällen der Sprechererkennung, in denen das Bundeskriminalamt und einzelne Länder in Amtshilfe für andere Länder tätig werden. Daneben können das BKA und die LKÄ - wie dies die Erfahrung zeigt - nur in Einzelfällen bei personellen Engpässen anderen LKÄ Unterstützung leisten.
Im Bestreben um Kostenminimierung wurden in der Vergangenheit und werden auch heute vermehrt betriebswirtschaftliche Überlegungen angestellt. Die Kriminaltechnik darf sich jedoch mit Blick auf die gebotene Rechtssicherheit und dem damit verbundenen Gleichheitsgrundsatz bei der Verfolgung von Straftaten grundsätzlich nicht ausschließlich an betriebswirtschaftlichen Maßstäben orientieren.
Hinsichtlich einer Kosten minimierenden Aufgabenteilung stellt die AG Kripo bereits 1985 fest, dass es wegen des unverzichtbaren Grundsatzes der Wahrung des Untersuchungszusammenhangs und der zwingend notwendigen Präsenz der KT im Tatortbereich keine Möglichkeiten gibt, ganze Arbeitsbereiche zwischen Bund und Ländern aufzuteilen oder vollständige Fachgebiete auf einzelne Länder oder das BKA zu delegieren.
Für eine Fremdvergabe an geeignete externe Einrichtungen (Outsourcing) kommen lediglich Untersuchungen, die keinen Zusammenhang mit (anderen) Spurenuntersuchungen aufweisen (z. B. DNA-Speichelproben, die ausschließlich für die DNA-Datenbank bestimmt sind, und „einfache„ Spuren) in Betracht. Komplexe Untersuchungsvorgänge können nur von den Kriminaltechnischen Instituten der Länder und des Bundes wahrgenommen werden, da es den externen Einrichtungen hier an der erforderlichen fachlichen sowie interdisziplinären Vielfalt sowie dem Erfahrungswissen, das Voraussetzung für das Erkennen der Beweiswerte einzelner potenzieller Untersuchungsergebnisse ist, fehlt.
Von grundsätzlicher Bedeutung ist es daher, dass die klassischen kriminaltechnischen Disziplinen wie z.B. die Auswertung von Textilfaserspuren oder Werkzeug- und Formspuren auch vor dem Hintergrund der erhebliche Personal- und Sachmittel erfordernden Ausweitung insbesondere der DNA-Analytik in ihrer Arbeitsfähigkeit erhalten bleiben müssen, da diese auch in Zukunft für die Aufklärung von Straftaten unverzichtbar sein werden. Dies belegen immer wieder eindrucksvoll wesentlich auf der erfolgreichen Auswertung dieser Spurenarten beruhende Aufklärungen von Sexual- und Tötungsdelikten, so auch in jüngster Vergangenheit z.B. der Mord an einer 18-jährigen Schülerin oder der tödliche Verkehrsunfall eines Radfahrers.

2. Fachspezifische Perspektiven
l Biologie/DNA-Analytik
Im Dezernat Biologie, das die Auswertung von Blut-, Sekret-, Haar- aber auch Pflanzen- und Textilfaserspuren umfasst, haben sich durch die DNA-Analyse die wohl grundlegendsten Veränderungen in der Kriminalwissenschaft und –technik ereignet. Die Auswertung geringster menschlicher Spuren führt in vielen Fällen zur Identifizierung oder einem Ausschluss von Tatverdächtigen als Spurenverursacher. Bei festgestellter Tatrelevanz einer gesicherten Spur ergibt sich so ein Beweiswert, der zuvor dem „klassischen„ Fingerabdruck der Daktyloskopie vorbehalten war.


Einen weiteren Durchbruch bei der Bekämpfung und Verhütung von Straftaten stellte die Einführung der DNA-Analyse-Datei (DAD) dar, in der bundesweit die bei DNA-Analysen erhobenen individuellen DNA-Profile aus Tatortspuren und Vergleichsmaterial von Straftätern recherchierbar gespeichert werden. Allein für Rheinland-Pfalz wurden seit 1998 ca. 2.000 teils lange zurückliegende und aufsehenerregende Straftaten geklärt.
Zusätzliche Bedeutung erlangt die DNA-Analytik als ermittlungsbegleitendes Informationsmittel, da innerhalb von 24 Stunden DNA-Profile erstellt und damit Hinweise auf Täter erhalten werden können, denen somit immer weniger Zeit bleibt, sich der Strafverfolgung zu entziehen oder neue Straftaten zu begehen.
Auch Reihenuntersuchungen haben sich bei der Aufklärung schwerster Straftaten bewährt. In 70% aller Massentests konnte die Tat geklärt werden. Bei der Identifizierung von Vermissten und unbekannten Toten kann die DNA-Analyse über eine direkte Zuordnung von vorhandenem biologischem Material zur vermissten Person oder auch durch die Analyse von Verwandtschaftsbeziehungen zur Klärung beitragen. Auch bei Naturkatatastrophen (Tsunami), Großschadensereignissen und terroristischen Anschlägen hat die DNA-Analyse das Instrumentarium der forensischen Methoden signifikant erweitert.
Der Gesetzgeber hat diese Entwicklungen erkannt und die Anwendungsmöglichkeiten der DNA-Analytik stetig ausgeweitet. Den vorläufigen Abschluss bildet das Gesetz zu Novellierung der forensischen DNA-Analyse, das seit dem 1. November 2005 in Kraft ist und eine Verdoppelung des Untersuchungsaufkommens erbrachte. Hieraus erwachsen für die Kriminaltechnik neue Herausforderungen, um die Möglichkeiten der DNA-Analytik in vollem Umfang nutzen zu können.
Das ISM hat hierzu in konsequenter Umsetzung der v.g. Grundsätze ein Konzept mit dem Ziel entwickelt, die Analysekapazitäten im Landeskriminalamt schrittweise zu verdoppeln und so künftig die zeitnahe Bearbeitung aller Straftaten durch das LKA sicher zu stellen. Dabei wird eine Fremdvergabe auch weiter auf die Vergleichsspeichelproben und in der Übergangsphase auf die „einfachen„ Spurenfälle beschränkt bleiben.

l Erkennungsdienst / Daktyloskopie

Die konventionelle Bearbeitung der in diesem Polizei-spezifischen KT-Bereich eingehenden Anträge auf Spurensicherung und –auswertung befindet sich bundesweit im Umbruch.


So werden in allen Bundesländern Vorbereitungen getroffen, um die daktyloskopische Auswertung zu digitalisieren. In Rheinland-Pfalz wurde im Frühjahr 2006 damit begonnen, die Live-Scan-Technik und damit die digitale Aufnahme und Übersendung von Fingerabdrücken einzuführen.
Als eines der ersten LKÄ plant RP ein digitales daktyloskopisches Vergleichs-
system zu beschaffen. Eine spezielle Software wird es dann ermöglichen, alle in Rheinland-Pfalz gesicherten daktyloskopischen Spuren automatisiert zu bearbeiten und zu vergleichen. Dies setzt jedoch voraus, dass alle neuen verwertbaren Spuren und wieder zu bearbeitende Altspuren aus nicht verjährten Verfahren retrograd digitalisiert werden müssen, was erhebliche zusätzliche Aufwände erfordern wird.
Wie die ca. 200 jährlich vor Ort und im LKA mit dem computergestützten Facette-System für Fahndungszwecke erstellten Fantombilder belegen, wird diese Serviceleistung von den Dienststellen im Lande immer stärker angenommen. Im Jahre 2004 ist die sehr zeitintensive Fertigung sog. Dummys (Verfremdung von Bildern existenter Personen aus dem Inpol-Bestand) für das Täter-Lichtbild-System (TLBS.net) und die Fertigung von Wahllichtbildvorlagen außerhalb des TLBS.net hinzugekommen.
Auf diesem Sektor ist das LKA RP derzeit führend und richtungsweisend für die anderen Kriminaltechniken. Für die Erweiterung und Pflege des Dummybestandes wird auch künftig in diesem Bereich ständig zusätzliche Aufbauarbeit zu leisten sein, um den Dienststellen die volle Funktionalität dieses Systems zur Verfügung zu stellen.


Mittelfristig werden in diesem Bereich zusätzliche Serviceleistungen zu erbringen sein, da das BKA 2007 ein Gesichtserkennungssystem beschafft hat, das den Ländern für Recherchezwecke zur Verfügung gestellt werden soll. Die in diesem Zusammenhang notwendig werdenden Gesichtsgutachten sollten zentral beim LKA im Bereich der Phantombilderstellung erstellt werden.
Im Bereich der Zehnfinger- und Handflächenabdrucksammlung hat sich in den letzten Jahren die Anzahl der ED-Behandlungen und die mit deren Qualitätsprüfung verbundene Arbeitsbelastung von 5.759 (1994) auf 11.639 (2006) bei gleicher Personalstärke mehr als verdoppelt. Das präventive Potenzial des AFIS zur Verhinderung von Straftaten kann künftig durch die mit Einführung der Livescan-Technik wesentlich schnellere Verfügbarkeit der ED – Behandlungen noch besser genutzt werden.
Die ersten Erfahrungen mit der Lifescan-Technik haben gezeigt, dass die Digitalisierung der Sachbearbeitung zu keiner nennenswerten Reduzierung der Arbeitsbelastung führen wird. Im Rahmen der retrograden Digitalisierung der bisherigen analogen Sammlung als Grundlage der Landesdatenbank sind vom LKA ca. 50.000 Finger- und Handflächenabdruckblätter retrograd zu digitalisieren.
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l Chemie

Neben dem Nachweis der Betäubungsmittel (Btm) stellen die Wirkstoffgehaltbestimmungen von THC, Heroin, Cocain, Amphetamin und Ecstasy-Wirkstoffen den Schwerpunkt der im Bereich Betäubungsmittel durchgeführten Untersuchungen dar. Trotz beim LKA optimierter Arbeitsweisen haben die hiesigen Bearbeitungszeiten von durchschnittlich ca. 3 Mon. dazu geführt, dass im Auftrag der Staatsanwaltschaften zunehmend externe Institute wie die Rechtsmedizin Bonn, die Universität Kaiserslautern, die Rechtsmedizin Mainz oder der Zoll wegen der wesentlich kürzeren Bearbeitungszeiten von ca. 3 Wochen beauftragt werden.


Hier prüft das ISM zur Zeit die Frage, ob diese extern vergebenen Substanzbestimmungen (Pulver, pflanzliche Zubereitungen etc.), durch eine Erweiterung der Btm-Analytik im LKA durchgeführt werden können. Für eine solche Maßnahme spricht die effektivere fachaufsichtliche Begleitung der Ermittlungsverfahren durch engere Zusammenarbeit, Information und Schulung der Beamten der Rauschgift-Kommissariate und nicht zuletzt die Möglichkeit über eine, bereits im Bereich der Kommissariate für KT/Erkennungsdienst erfolgreich eingerichtete Vorselektion Einfluss auf den Umfang der Btm-Analysen zu nehmen.
Weitere Leistungsbeschränkungen im Vergleich zu anderen Flächenländern bestehen beim LKA RP derzeit noch im Bereich der bei Produkterpressungen wichtigen Untersuchungsmöglichkeiten auf spezielle Gifte, sowie der Untersuchung von z. B. Wasserproben oder Bodenproben auf Gifte (Umweltanalytik). Auch die zeitnahe und abschließende Untersuchung von Explosivstoffen, die im Falle des Verdachts auf terroristische Anschläge immer größere Bedeutung erlangt, kann derzeit in vielen Fällen noch nicht geleistet werden. Die in den o.g. Einsatzlagen erforderliche fachliche Unterstützung wird durch Fachkräfte des BKA übernommen, sollte jedoch, von Ausnahmen abgesehen, dauerhaft in einer kompetenten KT des LKA geleistet werden.

l Handschriften/Urkunden-
Untersuchungen
Für die Bereiche der Handschriften/Urkunden- und der Werkzeug- und Formspurenuntersuchungen stellt sich grundsätzlich die Frage, ob die dort durchgeführten Untersuchungen nicht ebenso von privaten Instituten durchgeführt werden können.
Im Bereich Handschriften-Untersuchungen werden die Untersuchungsanträge der Polizeidienststellen von 2 im Rahmen der zentralen Sachverständigenausbildung des BKA ausgebildeten Handschriftensachverständigen abschließend bearbeitet. Die Beauftragung von privaten Sachverständigen wird vom LKA aus fachaufsichtlichen Gründen als kritisch angesehen, weil es das Berufsbild des Handschriftensachverständigen mit einem definierten Ausbildungsgang und einem anerkanntem Abschluss nicht gibt.
Die frei arbeitenden Sachverständigen, auch wenn sie öffentlich bestellt und vereidigt sind, rekrutieren sich aus unterschiedlichen Berufen und haben keine Universitätsausbildung in Schriftvergleichung. Eine qualitativ hochwertige, den QM-Anforderungen gerecht werdende Ausbildung wird derzeit nur im Rahmen der mindestens 3-jährigen zentralen SV-Ausbildung mit Abschlussprüfung beim BKA vermittelt. Außerhalb der Polizei gibt es keine Institution, die verbindliche Qualitätsstandards setzt und regelmäßig (wie etwa durch Ringversuche) überprüft.


Ausgeschlossen ist eine Vergabe von Untersuchungsanträgen im Urkundenbereich, für deren Bearbeitung 2 ebenfalls beim BKA ausgebildete Sachverständige verantwortlich sind, weil es in Deutschland keine externen, für diese forensischen Untersuchungen geeigneten Labore gibt. Gerade im Urkundenbereich stehen auch oftmals Asservate wie Pässe und andere Legitimationspapiere zur Untersuchung, die besondere staatsschutzrechtliche Relevanz besitzen. Darüber hinaus steht das spezielle B/L-Informationssystem Urkunden (ISU) zur Erkennung von Urkundenfälschungen nur den Polizeien der Länder und dem BKA zur Verfügung. Hieraus ergibt sich die fachliche Notwendigkeit, auch zukünftig die Arbeitsfähigkeit des Fachdezernates aufrecht zu erhalten.

l Werkzeug- und technische Formspuren
Die von den Polizeidienststellen beantragten Untersuchungen auf Werkzeug- und technische Formspuren, die in ca. 25% der Fälle zur Identifizierung bzw. dem sicheren Ausschluss des Spurenverursachers führen, werden im LKA von 3 ebenfalls beim BKA ausgebildeten Sachverständigen durchgeführt, die hierbei u.a. auf umfangreiche eigene Sammlungen zurückgreifen und in besonderen Fällen vom BKA unterstützt werden.
Im Rahmen einer mit den Bundesländern Hessen und Baden-Württemberg vereinbarten Sicherheitskooperation findet eine enge Zusammenarbeit mit den LKÄ dieser Länder in Fällen des Verdachts der grenzüberschreitenden Kriminalität statt, indem von den relevanten Spuren Ab- und Gegenabformungen hergestellt und mit den Spurensammlungen der angrenzenden Länder verglichen werden.
Schon allein aufgrund dieser Sachzusammenhänge ist es unverzichtbar, diese Untersuchungen auch in Zukunft bei der KT des LKA durchzuführen und nicht an private Untersuchungsstellen zu vergeben. Hiergegen spricht zudem - wie im Handschriftenbereich – die im Vergleich zum LKÄ/BKA-Standard geringere forensische Qualifikation und Ausbildung externer Sachverständiger, die das notwendige kriminaltechnische Spezialwissen für die kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung nicht garantiert. Darüber hinaus ist der Einsatz externer Gutachter hinsichtlich Objektivität und Unabhängigkeit kritisch zu werten, da in diesen Fällen die Auftragsvergabe von der Kostenzusage eines Versicherungsunternehmens und nicht von dem hiervon unabhängigen polizeilichen Auftrag der Straftatenaufklärung abhängt.
Neue Aufgaben sind im Bereich Kfz.-Untersuchungen durch die Länder bei der elektronischen Fahrzeugidentifizierung wahr zu nehmen. Das BKA hat die LKÄ wegen dortiger Überlastung ersucht, einfachere Untersuchungen (Auslesen der FIN, sowie anderer technischer Fahrzeug- und Fahrzeugteiledaten, die für die Ermittlungen von Belang sind) in eigener Zuständigkeit zu erledigen und die K/7-Dienststellen bei den Polizeipräsidien in diese Maßnahmen der Vorselektion einzubeziehen. Für die Wahrnehmung der Aufgaben in diesem speziellen IuK-Bereich ist die Qualifikation eines Fahrzeugelektronikers / Informatikers erforderlich.

l Schusswaffen
Der Schwerpunkt dieses Untersuchungs-bereichs liegt auf dem Sektor der Schusswaffen- und Munitionsvergleichsuntersuchungen. Weiterhin stehen waffenrechtliche und waffentechnische Untersuchungen/Beurteilungen neben der Unterstützung der Dienststellen vor Ort im Vordergrund.
Die Sachverständigen des Dezernates verfügen über eine nahezu voll ausgebaute kriminaltechnische Untersuchungseinrichtung, die grundsätzlich in der Lage ist, alle im Land anfallenden Aufgaben/Tatorte materiell und personell eigenständig zu erledigen, um für die Ermittlungsdienststellen und Staatsanwaltschaften Behördengutachten zu erstellen und sind damit weitgehend unabhängig vom Bundeskriminalamt.



Um jedoch den Dienststellen und Staatsanwaltschaften die mit den vorhandenen Waffen- und Munitionssammlungen möglichen Serviceleistungen hinreichend zeitnah für die Fallbearbeitung anbieten zu können, bedarf es zunehmend der DV-technischen administrativen Unterstützung der Sachverständigen bei ihrer Tätigkeit als Behördengutachtern und insbesondere beim Aufbau und der Pflege der Sammlungen wie auch beim Aufbau und der Pflege der einschlägigen Gesetzes- und Vorschriftensammlung,

l Kriminaltechnische Servicestelle
Um der polizeilichen und justiziellen Praxis die Möglichkeiten der v.g. Fachdezernate umfassend, effektiv und zeitnah zur Verfügung zu stellen, hat das Landes-kriminalamt eine Kriminaltechnische Servicestelle (KTS) eingerichtet und mit 2 Kriminalbeamten besetzt. Mit dieser bundesweit einmaligen Einrichtung wird neben einer ständigen Kommunikation mit den Staatsanwaltschaften und Polizeidienststellen eine optimal an den Erfordernissen der polizeilichen Praxis orientierte konsequente Einbindung der Kriminaltechnik in das Ermittlungsverfahren sicher gestellt.
Auch ohne die personalintensive Einrichtung einer Tatortgruppe gewährleistet so das LKA RP erfolgreich die Unterstützung der Polizeidienststellen in herausgehobenen Fällen und aktuellen polizeilichen Lagen. Dies geschieht u.a. durch Einbindung in die entsprechenden SOKOS und Ausübung der Fachaufsicht im Bereich der Brandursachenermittlung bez. des Einsatzes externer, vom LKA RP überprüfter Brandsachverständiger sowie von 3 speziell ausgebildeten Brandmittelspürhunden.
Eine weitere zentrale Aufgabe der KTS ist die Führung der Zentralen Erfassungsstelle DNA (ZEST), deren von der DNA-Analytik strikt getrennte Einrichtung aufgrund der Vorgabe des Gesetzgebers (Strafverfahrensänderungsgesetz DNA-Analyse vom 23.03.1997) notwendig geworden war. Hier erfolgt für RP die Eingabe der in der DNA-Analytik erstellten DNA-Datensätze von Personen und Spuren in die DNA-Bundesdatei und die Bearbeitung der Treffer (übereinstimmenden Person-Spuren und Spur-Spur-Datensätzen) und die Weitergabe an die Ermittlungsdienststellen.
Zur Verminderung der infolge der DNA-Gesetzesnovellierung erheblich angestiegenen Bearbeitungszeiten und der Sicherstellung der erforderlichen hohen Qualitätsstandards werden vom LKA RP eine automatisierte Vorgangsverwaltung, medienbruchfreier Datentransfer, Optimierung der internen Abläufe und Personalverstärkung intensiv genutzt, da die präventive Effizienz der DAD – wie auch die des o.a. AFIS – um so größer ist, je schneller Täter durch Spurenübereinstimmungen identifiziert und an der Begehung weiterer Straftaten gehindert werden können.
l Forensische DV-Beweissicherung
Die der Abteilung Einsatzunterstützung zugehörige zentrale DV-Gruppe des LKA verfügt wie die fachaufsichtlich begleiteten dezentralen DV-Gruppen der Polizeipräsidien des Landes Rheinland-Pfalz derzeit über eine adäquate technische Ausstattung zur Bewältigung ihrer Aufgaben.
Diese bestehen in der Sicherung, Konvertierung, Sichtbarmachung und Auswertung beweisrelevanter Daten auf Datenträgern, der Sicherstellung, Auswertung und Aufbereitung von analogem und digitalem Bild- /Audiomaterial nach forensischen Gesichtspunkten, der Unterstützung (z.B. bei Durchsuchungen) und Beratung der Ermittlungsabteilungen des LKA und der Polizeipräsidien und der Erstellung von Behördengutachten und deren mündlicher Erstattung vor Gericht.

3. Fazit

Um für die Polizeidienststellen die nach dem Stand der Kriminaltechnik mögliche und den derzeitigen Gesetzen und Normen entsprechende Unterstützung bei der Aufklärung und Verhinderung von Straftaten leisten zu können ist es unverzichtbar, eine alle kriminaltechnischen Kernbereiche umfassende KT vorzuhalten und diese personell, räumlich und sachmittelmäßig so auszustatten, dass sie alle regelmäßig auftretenden Fragestellungen innerhalb ermittlungsrelevanter Zeit abschließend beantworten kann.
Eine Vergabe von Untersuchungen an externe Institute ist aus fachaufsichtlichen Gründen grundsätzlich kritisch zu bewerten und daher nur in Ausnahmefällen vertretbar. Auch unter betriebswirtschaftlichen Aspekten ist es fraglich, ob dem Land hierdurch Kostenvorteile im Vergleich zu einer polizeiinternen Bearbeitung entstehen.
Eine leistungsfähige KT hat ihren Preis. Aufgrund aktueller Entwicklungen wie der DNA-Analytik aber auch der zunehmend DV – gestützten Daktyloskopie erforderliche erhöhte Personal- und Sachmittelbereitstellungen dürfen nicht zu Lasten anderer kriminaltechnischer Disziplinen erfolgen.
Um langfristige Planungssicherheit für Großgeräte zu erreichen, hat es sich bewährt, der Abteilung KT ein festgeschriebenes Budget in Höhe von jährlich ca. 500.000 Euro zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zur Verfügung zu stellen. Die Bereitstellung zusätzlicher Stellen zur Gewährleistung der Kernkompetenz der Bereiche Daktyloskopie, Chemie, Werkzeug- und Formspuren, Schusswaffen und ZEST-DNA ist eine wertvolle Investition in die innere Sicherheit und damit im Interesse aller Bürger.